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«Wir haben einen Service-public-Auftrag, den wir erfüllen müssen»

Yvonne Müller und Alexander Ammon, die führenden Köpfe der Spitex Region Zofingen AG, sprechen im zt Talk über das schwierige Jahr 2024, Sparmassnahmen und neue Partnerschaften.

Die Spitex Region Zofingen AG (SRZ AG) hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. Die verrechenbaren Stunden gingen um rund 15 Prozent zurück. Das Unternehmen hat ein Sparpaket geschnürt und zwei Stützpunkte geschlossen (das ZT berichtete).

Die Branche, die Hilfe und Pflege in den eigenen vier Wänden anbietet, sei ein riesiger Wachstumsmarkt, sagt Yvonne Müller, die den SRZ-Verwaltungsrat seit Mai 2023 präsidiert. «Er ist in der Schweiz in den letzten Jahren um 90 Prozent gewachsen.» Im Kanton Aargau ist die Anzahl der öffentlich-rechtlichen Organisationen geschrumpft, die Zahl der privaten Organisationen nahm um 228 Prozent zu. «Die Privat-Organisationen sind omnipräsent und machen Werbung. Sie gehen von Tür zu Tür, um Leute anzusprechen, die Pflege-Dienstleistungen brauchen.» Öffentlich-rechtliche Spitex-Organisationen dagegen sein zurückhaltend mit Werbemassnahmen. «Das sind Kosten.»

«Als öffentlich-rechtliche Spitex müssen wir jede Anfrage, die eine ärztlich verordnete Pflegeleistung beinhaltet, annehmen und ausführen», so Yvonne Müller – unabhängig davon, wo die Person wohnt und wie lange der Anfahrtsweg sei. «Selbst wenn es nur darum geht, der Person Stützstrümpfe anzuziehen oder Augentropfen zu verabreichen.» Die Einsatzzeit vor Ort ist verrechenbar – die Fahrzeit dagegen nicht. «Eine private Spitex kann sagen, dass sie das nicht machen will – weil es nicht interessant ist.» Private Organisationen seien an Versorgungsregionen mit einer hohen Bevölkerungsdichte und kurzen Anfahrtswegen interessiert. «Wir dagegen haben einen Service-public-Auftrag, den wir erfüllen müssen.»

85 Prozent der Kosten bei der SRZ AG sind Personalkosten – deshalb liege es auf der Hand, dass man dort spare, sagt Alexander Ammon, der seit 1. Juni 2023 die SRZ AG operativ leitet.  «Wir haben die Geschäftsleitung von vier auf drei Personen verkleinert.» Andererseits sei es gelungen, die Produktivität zu steigern – also den Anteil der verrechenbaren Zeit zu erhöhen. Und: «Wir haben jede Position durchgekämmt. Auch 100 Franken sind nicht zu wenig, um eingespart zu werden.» Eingeschenkt hätten die Schliessung der Stützpunkte Strengelbach und Murgenthal sowie der Wechsel des Mobilfunk-Anbieters.

«Wir konnten die Geschäftstätigkeit stabilisieren», so Ammon. Zwischen Oktober und Januar nahm die Zahl der geleisteten Stunden um fünf Prozent zu. Ammon ist zuversichtlich, dass damit auch die Restkosten – diese haben die Gemeinden zu tragen – stabilisiert werden können. Allerdings gehe die Schere bei der Verrechnung der Leistungen immer weiter auf: Die Tarife seien seit sieben Jahren fixiert, die Personal- und IT-Kosten dagegen steigen.

Mit sieben Gemeinden an den Start, jetzt sind es noch sechs

Die sieben Aktionärsgemeinden Brittnau, Murgenthal, Ofringen, Rothrist, Strengelbach, Vordemwald und Zofingen gründeten am 7. September 2018 die Spitex Region Zofingen AG (SRZ AG). Das gesamte Personal von fünf Spitex-Vereinen wurde per 1. Januar 2019 in die SRZ AG überführt; diese bietet seither unter ihrem neuen Namen Spitex-Dienstleistungen in der Region an.

Für Schlagzeilen sorgte wenige Jahre später der Austritt Oftringens. Dessen Gemeinderat kündigte den Vertrag mit der SRZ AG per 31. Dezember 2020 und trat per Ende 2021 aus der Organisation aus. Seit 2022 bezieht sie die Leistungen von der einheimischen Spitex Lindenpark. An der Novembersitzung des Einwohnerrates Zofingen ging von bürgerlicher Seite ein Postulat ein, das die Stadtregierung beauftragt, die Spitex-Versorgung der Stadt neu zu beurteilen. (pp)