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Zug zerstört, Überschwemmungen und miese Prognosen: Jetzt reagiert Stadler auf die Katastrophen

Der Thurgauer Schienenfahrzeughersteller Stadler ist in den vergangenen fünf Monaten drei Mal Opfer von Unwetterkatastrophen geworden. Diese haben die Produktion teils massiv in Mitleidenschaft gezogen. Nun muss das Unternehmen seine Prognosen korrigieren.

Im Stadler-Werk Valencia arbeiten rund 3000 Beschäftigte, die alle die Unwetterkatastrophe Ende Oktober unbeschadet überlebt haben. «Aktuell können rund 400 Mitarbeitende aus dem Süden Valencias das Werk im Norden der Stadt nicht erreichen, da die Strassen und der öffentliche Verkehr unterbrochen sind», teilt das Unternehmen in einem Communiqué mit. Das Werk von Stadler blieb unbeschädigt. Mehrere Aussenlager von Stadler Valencia seien jedoch in Mitleidenschaft gezogen worden.

Schwer getroffen wurden gemäss der Mitteilung rund 30 Zulieferer, deren Produktions- und Lagerhallen zerstört oder mit Schlamm überflutet worden waren. «Diese können die benötigten Komponenten nicht liefern.» Aus diesen Gründen arbeitet Stadler Valencia aktuell reduziert und muss zwischen 150’000 und 200’000 Produktionsstunden vom Jahr 2024 auf 2025 verschieben, da Lieferketten unterbrochen seien. Deshalb können Fahrzeuge nicht wie geplant ausgeliefert werden.

Zulieferer Constellium: Lieferschwierigkeiten bis August 2025

Des Weiteren weist das Unternehmen in seiner Übersicht darauf hin, dass Ende Juni 2024 bekanntlich ein Unwetter die Rhone-Ebene und das Werk des Zulieferers Constellium im Wallis geflutet hat. «Die Fabrik des Stadler-Zulieferers für Aluminium-Profile stand mehrere Monate still», heisst es im Communiqué von Stadler. 800 Tonnen Aluminium-Profile von Stadler müssen entsorgt werden.



Stadler habe sofort Gegenmassnahmen getroffen. Ende Oktober konnte Constellium wieder erste Alu-Profile zum Bau der Wagenkasten liefern. Die Firma werde den Rückstand in der Lieferung von Aluminium-Profilen voraussichtlich aber erst Ende August kommenden Jahres aufgeholt haben. Wegen der Lieferausfälle wird im Stadler-Werk Altenrhein kurz gearbeitet.

Im September brach zudem nach tagelangem, heftigem Regen ein Damm in Dürnrohr, Niederösterreich, und flutete das Inbetriebsetzungszentrum von Stadler. «Das Wasser stand einen halben Meter hoch», so das Unternehmen. Einer der neuen ÖBB-Doppelstockzüge des Typs Kiss wurde dadurch zerstört.


Verzögerungen in Berlin

Negativen Einfluss auf das Geschäftsjahr 2024 haben gemäss dem Communiqué auch die Verzögerungen in der Auslieferung der Züge für die U-Bahn Berlin. Stadler gewann 2019 mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) eine internationale Ausschreibung, worauf Mitbewerber Alstom Rekurs eingelegt habe. Dieser Einspruch verschob die Unterzeichnung des Rahmenvertrages um über ein Jahr.

Nach der Unterschrift des Rahmenvertrages im Frühjahr 2020 unterbrach die Covid-Pandemie zeitweise die Abwicklung des Auftrages. Software-Probleme verzögerten die Lieferung zusätzlich. Zudem seien bisher erst rund 376 der 1500 Wagen bestellt worden. «Dies führte zu einer Unterauslastung im Werk Berlin-Pankow.»

Operative Marge: Rückgang 2024 um maximal 2 Prozentpunkte

Nach ersten Bewertungen führen all diese Ereignisse 2024 zu einer um maximal 2 Prozentpunkte tieferen operativen Marge. Stadler rechnete vor diesen Ereignissen mit einer Marge von über 5 Prozent. Ein Teil des Umsatzes 2024 verschiebt sich ins Jahr 2025. In welchem Ausmass, kann aktuell noch nicht gesagt werden. «Allerdings erwartet Stadler, dass das bisher angestrebte Umsatzziel 2024 von 3,5 bis 3,7 Milliarden Franken nicht mehr erreicht werden kann.»

Die Auswirkungen der vier Ereignisse auf die Geschäftsjahre 2025 und 2026 seien aktuell noch nicht abschätzbar, teilt das Unternehmen weiter mit. Aufgrund dieser «schwerwiegenden Ereignisse» sehe sich Stadler gezwungen, die Prognosen für 2025 und 2026 auszusetzen. Nach erfolgter Überarbeitung des Budgets 2025 sowie der Finanzplanung 2026 und 2027 wird Stadler die neue Prognose im ersten Quartal 2025 kommunizieren.

Die Auftragslage ist gut

Markus Bernsteiner, CEO.
Bild: Ralph Ribi

«Die Auftragsbücher von Stadler sind gut gefüllt», heisst es im Communiqué weiter. Im ersten Halbjahr 2024 hat der Auftragsbestand mit 26,8 Milliarden Franken einen Höchststand erreicht. Aktuell befänden sich 188 neue Aufträge in der Abwicklung und 150 weitere Aufträge noch in der Garantiephase. Group-CEO Markus Bernsteiner lässt sich wie folgt zitieren:

«Die Auftragslage in der Stadler-Gruppe ist gut. Wir haben alle erforderlichen Massnahmen getroffen, um den Rückstand in der Produktion aufgrund der Unwetter-Katastrophen wieder aufzuholen.»

Stadler arbeitet nach eigenen Angaben derzeit ein Aufholprogramm aus, um die durch die Überschwemmungen entstandenen Verzögerungen aufzuholen. Bereits während der Covid-Pandemie 2021 habe die Firma 130 Loks und Züge wegen Reisebeschränkungen und Lieferketten-Unterbrüchen nicht ausliefern können. Dank eines internen Aufholprogramms konnte Stadler diesen Rückstand bereits 2022 wieder aufholen und die Aufträge erfolgreich bewältigen.(pd/red.)

Überschwemmungen sorgten für massive Schäden.
Bilder: zvg