Tiktok: Zwei Schläge gegen die Video-App – doch Trump «trägt sie im Herzen»
Die chinesische Video-App Tiktok ist in Europa und in den USA ins Visier von Politik und Behörden geraten. Die Europäische Kommission hat im Zusammenhang mit der inzwischen annullierten Präsidentenwahl in Rumänien ein Verfahren eröffnet. Es soll geprüft werden, ob der chinesische Konzern bei Wahlen genug gegen die Einmischung von ausländischen Akteuren vorgeht, wie die Kommission in Brüssel mitteilte.
Konkret will sich die Brüsseler Behörde unter anderem Tiktoks Empfehlungssysteme anschauen, also den Algorithmus der Plattform. Dabei soll es um koordinierte, nicht authentische Manipulation sowie die automatisierte Nutzung des Dienstes gehen. Ausserdem steht im Fokus, wie Tiktok mit politischer Werbung und bezahlten politischen Inhalten umgeht.
Plattformen wie Tiktok, Facebook, X, Google und viele andere müssen nach dem EU-Gesetz DSA (Digital Services Act) schneller und schärfer als früher gegen illegale Inhalte im Netz vorgehen. Sonst drohen ihnen Strafen. Der Kommission zufolge können etwa Geldbussen in Höhe von 6 Prozent des gesamten weltweiten Jahresumsatzes auf Tiktok zukommen.
In den USA muss Tiktok versuchen, das in wenigen Wochen drohende Aus mit dem Gang vor das oberste Gericht des Landes zu verhindern. Die Betreiber der Video-App wollen per Eilantrag zunächst einen Aufschub erreichen. Denn laut einem im April in Kraft getretenen US-Gesetz muss die Video-App bis zum 19. Januar den Besitzer wechseln. Sonst soll sie aus den App-Stores in den USA verbannt werden und Zugang zu Infrastruktur verlieren. Die App hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer in den USA.
Platz im Herzen von Donald Trump
Am 20. Januar wird Donald Trump als nächster US-Präsident vereidigt. In seiner ersten Amtszeit war er selbst vor Gericht mit einem Versuch gescheitert, einen Verkauf von Tiktok zu erreichen. Im Wahlkampf sprach er sich gegen ein Verbot der Plattform aus. Am Montag sagte Trump, Tiktok habe einen «Platz in seinem Herzen».
Er kann das Gesetz nicht selbst ausser Kraft setzen. Allerdings würde es dem Justizministerium seiner neuen Regierung zufallen, die Ausführung des Gesetzes zu überwachen. Den Sendern CNN und NBC zufolge wollte sich Trump mit Tiktok-Chef Shou Zi Chew treffen.
Für Tiktok sah es in den USA zuletzt zunehmend düster aus. Vergangene Woche war der Dienst vor einem Berufungsgericht mit einer Klage gegen das Gesetz gescheitert. Die Video-Plattform gehört dem in China ansässigen Konzern Bytedance. In dem Gesetz wird auf das Risiko verwiesen, dass China sich Zugriff auf Daten von Amerikanern verschaffen und Einfluss ausüben könne. Bytedance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen betrachtet.
Tiktok kontert, Bytedance sei zu knapp 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Allerdings betonen US-Politiker, dass der chinesische Gründer dank höherer Stimmrechte bei einem Anteil von rund 20 Prozent die Kontrolle habe und das Hauptquartier von Bytedance in Peking sei, wo man sich dem Einfluss der Behörden nicht entziehen könne. (dpa/chm)