Der Schuhriese Reno ist pleite, und das Schlimmste steht dem Detailhandel womöglich erst noch bevor
Es war ein Untergang mit Ansage: Ein halbes Jahr nachdem die deutsche Schuhhandelskette Reno durch eine Übernahme vor der Insolvenz bewahrt wurde, ist sie nun doch zahlungsunfähig. Am Dienstag hat das Amtsgericht im niedersächsischen Hameln ein entsprechendes Verfahren angeordnet. Reno, nach Deichmann der zweitgrösste deutsche Schuhdiscounter, betreibt in Deutschland, der Schweiz und Österreich knapp 300 Filialen; die Zahl der Mitarbeiter liegt bei etwa 1100. Der Insolvenzantrag betrifft allerdings nur die 180 deutschen Filialen und nicht die Schwesterunternehmen in der Schweiz und in Österreich.
Sein Ziel sei es, sich erst einmal einen Überblick zu verschaffen und den Betrieb wenn möglich wieder in Gang zu bringen, sagte der Insolvenzverwalter Immo Hamer von Valtier der Zeitschrift «Wirtschaftswoche». Das hat vor ihm bereits der Detailhändler cm.sports versucht, der Reno im September 2022 von der HR Group übernommen hatte. Hinter cm.sports steht das deutsche Unternehmerehepaar Christian und Meike Müller; Christian Müller war bis zu deren Pleite im November Verwaltungsratspräsident der Schweizer Kette Vögele Shoes.
Das Geschäft lässt sich nun einmal nicht neu erfinden
Nach der Übernahme von Reno hatte cm.sports angekündigt, was Unternehmer in solchen Fällen meist ankündigen: eine Neuausrichtung des Geschäfts. Reno solle künftig als «echte Alternative für Clever Shopping» positioniert werden, hiess es in einer Pressemitteilung ebenso blumig wie vage. Mit einem «Mix aus attraktiven Handels- und Eigenmarken für die ganze Familie» wollte die Handelskette neue Kunden gewinnen. Zudem sollte die Vernetzung zwischen den Filialen und dem Onlinehandel vorangetrieben werden. Das Filialnetz wollten cm.sports und sein Partner, der Finanzinvestor GA Europe, im bisherigen Umfang erhalten; auch die Zahl der Beschäftigten sollte gleich bleiben.
Dass dieses Konzept nun gescheitert ist, kommt nicht unbedingt überraschend, serbelt der Schuhhandel in Deutschland doch ohnehin vor sich hin. Laut einer Schätzung des Branchenverbands BTE haben letztes Jahr 1500 Schuhgeschäfte dauerhaft geschlossen, womit sich die Zahl der Läden um 13 Prozent verringert habe. Auch Görtz und Salamander, zwei Konkurrenten Renos auf dem deutschen Schuhmarkt, haben in den letzten Monaten Insolvenz angemeldet.
Dabei beschränkt sich die Erfahrung, dass sich das Detailhandelsgeschäft trotz aller wohltönenden Konzepte nicht neu erfinden lässt, längst nicht nur auf den Schuhhandel: So hat etwa der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof kürzlich angekündigt, sein Filialnetz von 129 auf 82 Filialen verkleinern zu wollen. Diese Woche haben die Gläubiger des Unternehmens dem Sanierungsplan zugestimmt, der den Abbau von mehr als 4000 der zuletzt etwa 17’000 Arbeitsplätze vorsieht. Anfang März beantragte auch der Modehändler Peek & Cloppenburg ein Schutzschirmverfahren, «um sich an die veränderten Marktbedingungen anzupassen und für die Zukunft neu aufzustellen», wie es in einer Erklärung hiess. Die Aufgabe von Filialen sei derzeit aber nicht geplant.
Ein Kahlschlag droht vor allem in kleineren Städten
Die Gründe für die allgemeine Malaise im deutschen Detailhandel sind bekannt: Eine hohe Inflation und sinkende Reallöhne trüben die Konsumlaune; hinzu kommt, dass Konsumenten, die während der Coronapandemie den Online-Einkauf für sich entdeckt haben, oft nicht in die Innenstädte zurückkehren. Auch die Klagen über hohe Mieten und Energiepreise, die im Fall Renos wieder einmal vorgebracht wurden, hat man in den letzten Monaten so oder ähnlich schon oft gehört.
Die Aussichten für die Branche bleiben unerfreulich: Wie das Statistische Bundesamt im März mitteilte, lag der Umsatz im deutschen Detailhandel im Januar um 6,9 Prozent tiefer als im entsprechenden Vorjahresmonat. Der Handelsverband Deutschland erwartet für das laufende Jahr den grössten Umsatzeinbruch seit 2009, als die Branche die Folgen einer globalen Finanzkrise bewältigen musste. Vor allem in kleineren und mittelgrossen Städten müssten wohl viele Betriebe aufgeben.