Traum vom eigenen Cockpit: Aargauer baut Flugsimulator im Estrich
Samstagmorgen, kurz vor 11 Uhr. Die Boeing 737-800 gleitet durch die Wolken im Anflug auf Genf. Vor dem Cockpitfenster taucht der Genfersee mit seiner silbrig glitzernden Oberfläche auf. Trotz der dichten Wolkendecke war der Flug von Zürich bis jetzt ruhig. Pilot Felix Staubli schaltet den Autopiloten aus. Er greift selbst zum Steuer und lenkt die Maschine sicher durch den Wind. Kurz darauf steht das Flugzeug an seiner Halteposition am Flughafen in Genf.
Wenn Felix Staubli das Cockpit verlässt, ist er jedoch nicht in Genf, sondern in einem gemütlichen Estrich in Wohlenschwil, im Herzen des Aargauer Reusstals. Hier, zwischen hellen Balken und Dachschrägen, hat er sich seinen Traum verwirklicht: einen originalgetreuen Flugsimulator einer Boeing 737. Über ein Jahr hat der Bau gedauert. «Die meisten Teile habe ich bei einer Firma in Spanien bestellt», erzählt Staubli. Über die Kosten spricht er nicht gerne. «Es hat viel gekostet, wie ein Mittelklassewagen», fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.
Langjährige Karriere als Linienpilot
Zwanzig Jahre flog Felix Staubli als Linienpilot für verschiedene Fluggesellschaften wie etwa Crossair, Swiss oder Helvetic Airways, bevor er in die Geschäftsfliegerei wechselte. «Als ich dann aufhörte, wollte ich meine Leidenschaft fürs Fliegen weiterleben. So kam die Idee, mir meinen eigenen Flugsimulator zu bauen.»
Jederzeit kann Felix Staubli nun von seinem Haus aus abheben. «Ich bin früher schon Boeing geflogen. Diese Flugzeuge gefallen mir, weil sie noch nicht zu 100 Prozent automatisiert sind.» Der Simulator bietet ein realistisches Flugerlebnis: Das Wetter spiegelt die echten Bedingungen wider, andere Flugzeuge bevölkern den virtuellen Himmel und selbst die Flugverkehrskontrolle kann auf Wunsch zugeschaltet werden.
Ein Favorit unter seinen Zielen ist der Flughafen von Palma de Mallorca. «Auf Piste 24 links kann man mit ‹high speed› reinfliegen. Das mache ich ‹schampar› gern.» Auch die griechischen Inseln haben es ihm angetan. «Und sonst fliege ich dorthin, wo das Wetter schlecht ist», erzählt er lachend.
Ehefrau teilt Leidenschaft fürs Fliegen
Oft nimmt seine Frau Sandra neben ihm im Co-Piloten-Sitz Platz. Sie teilt seine Leidenschaft fürs Fliegen, denn sie arbeitete jahrelang als Flight Attendant. «Wir sind damals oft zusammen geflogen», erinnert sich der Aargauer. Sie habe Verständnis, wenn er wieder für ein paar Stunden virtuell abhebt. «Manchmal hat sie auch Wunschziele. Die Malediven zum Beispiel.»
Angehende Piloten und Neulinge nehmen im Cockpit Platz
Doch nicht nur Felix selbst geniesst das Flugerlebnis bei sich zu Hause in Wohlenschwil.Privatpersonen und angehende Piloten kommen zu ihm, um erste Erfahrungen zu sammeln oder ihr Wissen aufzufrischen. «Ich habe Piloten, die für eine Prüfung lernen wollen oder Abläufe wie Warteschlaufen und Anflüge ohne Autopilot üben möchten.»
Auch Neulinge, die noch nie in einem Cockpit sassen, finden sich schnell zurecht. «Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele – auch junge Menschen – das schnell im Griff haben», sagt Staubli. Das sei einer der Gründe, warum er den Flugsimulator gebaut hat. «Es ist schön, die Begeisterung der Leute zu sehen, wenn sie nach einer kurzen Einführung ein Flugzeug fliegen können.» Sollte es dennoch Probleme geben, kann Felix Staubli von der Seite eingreifen. Und sonst bleibt die beruhigende Gewissheit, dass man nicht in 10’000 Metern Höhe ist, sondern sicher in einem Estrich in Wohlenschwil.