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Neuer Röntgenweltrekord: Röntgenbilder dank neuer Technologie so scharf wie noch nie

Am Paul Scherrer Institut in Würenlingen und Villigen entstehen 3D-Bilder von Computerchips – von mit einer Auflösung von vier Nanometern, also vier millionstel Millimeter.

Für dreidimensionale Abbildungen im Nanometerbereich: Seit 14 Jahren entwickeln Forschende am Paul Scherrer Institut in Würenlingen und Villigen in einer Kollaboration mit den Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Lausanne und Zürich sowie der University of Southern California sogenannte Mikroskopie-Methoden. Dies im Labor für Makromoleküle und Bioimaging.

Vor kurzem ist ihnen nun etwas Besonderes gelungen: Aufnahmen hochmoderner Computerchips mit einer Auflösung von vier Nanometern, also vier millionstel Millimeter – das ist Weltrekord. Für ihre Aufnahmen nutzten die Forschenden sogenannte Ptychografie: ein Computerverfahren, das viele Einzelbilder zu einer hochauflösenden Abbildung vereint.

Dank einer kürzeren Belichtungszeit und eines optimierten Algorithmus konnten sie ihren eigenen Weltrekord von 2017 deutlich übertreffen. Für ihre Experimente nutzten die Forschenden das Röntgenlicht der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS am PSI, wie es in einer Mitteilung heisst.

Dank Röntgentomografie in 3D, aber nicht scharf

Computerchips sind Wunderwerke der Technik: Heutzutage ist es möglich, mehr als 100 Millionen Transistoren pro Quadratmillimeter in modernste integrierte Schaltkreise zu packen – Tendenz steigend. Aber nicht nur die Produktion ist schwierig, sondern auch die Charakterisierung und Abbildung der erzeugten Strukturen.

Zwar erlauben Rasterelektronenmikroskope eine Auflösung von wenigen Nanometern und eignen sich daher gut, um die winzigen Transistoren und Metallverbindungen abzubilden, aus denen die Schaltkreise bestehen. Allerdings lassen sich damit nur zweidimensionale Bilder der Oberfläche erzeugen.

Mit Röntgentomografie hingegen ist die Erzeugung von dreidimensionalen und zerstörungsfreien Aufnahmen möglich. Ähnlich wie bei einer Tomografieuntersuchung im Spital wird die Probe gedreht und aus verschiedenen Winkeln mit Röntgenlicht durchleuchtet. Je nach Struktur der Probe wird die Strahlung unterschiedlich absorbiert und gestreut. Ein Detektor registriert das austretende Licht und ein Algorithmus rekonstruiert daraus das fertige 3D-Bild.

Nur: «Hier haben wir das Problem mit der Auflösung», erklärt Mirko Holler, Physiker an der SLS. «Es existieren derzeit keine Röntgenlinsen, die diese Strahlung für die Abbildung solch winziger Strukturen bündeln können.»

Das Verfahren ist nicht nur auf Computerchips begrenz

Die Lösung nennt sich Ptychografie. Bei diesem Verfahren wird der Röntgenstrahl nicht im Nanometerbereich gebündelt, sondern die Probe wird im Nanometerbereich verschoben. «Unsere Probe wird so bewegt, dass der Strahl einem genau vorgegebenen Raster folgen kann – ähnlich einem Sieb. An jedem Rasterpunkt wird dann jeweils ein Streubild aufgenommen», erklärt der Physiker. So kann genug Information registriert werden, um das Bild der Probe mithilfe eines Algorithmus hochauflösend zu rekonstruieren. Der Rekonstruktionsprozess ist quasi eine Art virtuelle Linse.

Um den Weltrekord von 2017 – die räumliche Abbildung eines Computerchips mit einer Auflösung von 15 Nanometern – zu brechen, wurde das Team um Mirko Holler und Manuel Guizar-Sicairos mit Tomas Aidukas ergänzt. Der Physiker unterstützte das Team mit seinen programmiertechnischen Erfahrungen. Aidukas entwickelte einen neuen Algorithmus, um aus der kurzbelichteten Bilderflut ein scharfes Ergebnis mit hohem Lichtanteil zu rekonstruieren.

Bei diesem neuartigen Ptychografieverfahren handelt es sich um einen grundlegenden Ansatz, der auch in vergleichbaren Forschungseinrichtungen eingesetzt werden kann. Das Verfahren ist nicht nur auf Computerchips begrenzt, sondern kann auch für andere Proben beispielsweise in den Material- oder Biowissenschaften eingesetzt werden.