XXXLutz übernimmt Lipo: Was das für die Mitarbeitenden im Logistiklager in Derendingen bedeutet
Adrian Grossholz wurde im Herbst 2019 mit einem klaren Ziel engagiert: Er sollte die Lipo als CEO verkaufsfähig machen. Durch eine klare Neupositionierung. Die Discount-Möbelkette sei vor seiner Übernahme ein ziemlicher Gemischtwarenladen gewesen. Heute hätten alle Lipo-Filialen in der Schweiz eine klare DNA. «Man erkennt sie auf den ersten Blick», sagt der Lipo-CEO am Tag, an dem bekannt wurde, dass er sein Ziel erreicht hat. Lipo wird verkauft. Vom südafrikanischen Steinhoff-Konzern an die österreichische XXXLutz-Gruppe. Weder sollen Filialen geschlossen, noch Mitarbeitende entlassen werden.
Noch muss der Deal von der Kartellbehörde bewilligt werden, läuft aber alles nach Plan, ist die Transaktion im Juni abgeschlossen. Der Verkauf hat sich wegen Corona verspätet. Zu welchem Preis er über die Bühne geht, ist nicht bekannt. Der Grund für den Verkauf dagegen schon: Der international tätige Möbelhändler Steinhoff wurde Ende 2017 von einem Bilanzskandal erschüttert. Der damalige CEO Markus Jooste tauchte darauf ab und bleibt verschwunden. 2017 und 2018 fuhr der zweitgrösste Möbel-Konzern der Welt über fünf Milliarden Franken Verlust ein.
Lipo-CEO Adrian Grossholz: «Es werden keine Mitarbeitenden entlassen»
«Eine Schweizer Perle» sei Lipo, so Grossholz. Sie erzielte zuletzt einen Umsatz von über 200 Millionen Franken, sei schuldenfrei, habe einen Markenbekanntheitsgrad von 80 Prozent, ein funktionierendes Management und flache Hierarchien. Und er bekräftigt, was die XXXLutz-Gruppe mitteilt: «Es werden keine Mitarbeitenden entlassen.» Das ginge gar nicht, man arbeite jetzt schon mit dem Minimum an Mitarbeitenden.
Auch Filialen sollen keine geschlossen werden. Im Gegenteil, Grossholz sieht Potenzial für zwei, drei weitere Lipo-Standorte. Sein Team und er haben in den letzten zwei Jahren drei neue Filialen eröffnet, Vernier, Villeneuve und Winterthur. Der Fokus auf die Romandie bei der Expansion ist offensichtlich. Grossholz sagt, dass man dort unterdessen rund einen Drittel des Umsatzes generiere. Mehr will er dazu nicht sagen, obschon er auch nach dem Verkauf und damit dem Erreichen seines Ziels am Ruder bleiben wird. Grossholz sagt:
«Lipo liegt mir sehr am Herzen, ich bin Teil dieser Familie geworden.»
Eher Ausbau statt Abbau – das tönt gut, aber was steckt dahinter? Die XXXLutz-Gruppe betreibt rund 50 Möbelhandelsfilialen (Pfister, Möbel Hubacher, Möbel Egger, Möbel Svoboda, Mömax und XXXLutz) in der Schweiz. Darunter finden sich Standorte mit mehreren Filialen wie beispielsweise in Suhr (Pfister und Lipo), Spreitenbach (Mömax und Möbel Pfister) oder Pratteln (Mömax, Pfister und Lipo). Sind die nicht gefährdet?
Grossholz beschwichtigt: Die einzelnen Ketten seien unterschiedlich positioniert. Lipo ganz klar im untersten Preissegment, knapp darüber Mömax, dann XXXLutz, dann Pfister. Während Lipo beispielsweise zu 90 Prozent Eigenmarken verkaufe, würden die anderen Läden auf bekanntere Brands setzen. Je teurer der Laden, desto ausgeprägter. Standorte mit mehreren Filialen machen Sinn, wenn sie unterschiedliche Kundensegmente bedienen.
Logistik in Derendingen: Eher Ausbau statt Abbau
Natürlich stellt sich auch die Frage, was mit den Leuten in der Logistik in Derendingen passiert. Denn die XXXLutz-Gruppe verfolgt eine klare Expansionsstrategie. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch die Logistik, die von grossen Zentrallagern aus alle Filialen versorgt, wie XXXLutz auf der Konzern-Webseite schreibt.
Heute wird die Logistik für Lipo in Derendingen gemacht. Von Global Warehouse, einem Unternehmen, das ebenfalls kürzlich vom Steinhoff-Konzern verkauft wurde. Zugleich beschäftigt Lipo rund 30 eigene Leute in Derendingen. Lastwagenchauffeure, Kundendienst und die Leute vom Onlineshop. Da Logistikplätze in der Schweiz aber rar sind, geht Grossholz nicht davon aus, dass hier Jobs gefährdet sind, im Gegenteil. Eher miete man Fläche dazu.
Aargauer Möbelproduzent: «Die Österreicher haben Wort gehalten»
Einsparungen erhofft man sich beim neuen Besitzer andernorts. So soll Lipo von der Einkaufsstärke der XXXLutz-Gruppe profitieren. Genau davor fürchteten sich bei der Übernahme von Pfister zahlreiche Schweizer Möbelproduzenten. Darunter auch Hans Dössegger, CEO von Seetal Swiss mit Sitz in Seon und spezialisiert auf Stühle und Tische. Ein deutscher Partner sei von XXXLutz aus dem Markt gedrängt worden, erzählte er vor über zwei Jahren der Aargauer Zeitung. Er fürchtete die Marktmacht, den Preisdruck durch den österreichischen Giganten, da er über 30 Prozent seines Umsatzes über Möbel Pfister machte.
Heute zeigt er sich geläutert. «Sie haben Wort gehalten. Wie damals versprochen, arbeiten sie auch heute noch mit Schweizer Herstellern», sagt Dössegger. Das liege auch daran, dass man zwar die Führungsriege bei Möbel Pfister ausgetauscht habe, aber auf der Stufe darunter weiterhin mit den gleichen Leuten arbeite. Die Übernahme von Lipo wird für Schweizer Möbelproduzenten kaum etwas ändern, ist Dössegger überzeugt. «Lipo arbeitet in einem ganz anderen Preissegment als wir», so Dössegger. Schweizer Hersteller könnten so tiefe Preise gar nicht anbieten.
Für Walter Pretelli, Präsident des Branchenverbands Möbel Schweiz, ist die Übernahme der Lipo durch XXXLutz ein weiterer Schritt im eingeschlagenen Konzentrationsprozess der Schweizer Möbelbranche. Ein Schritt, der in die Strategie der Österreicher passt, die der Ikea den Rang ablaufen und zum Marktführer in der Schweiz werden wollen. Der Solothurner Pretelli rechnet mit weiteren Übernahmen. Und weil der Expansionskurs Personal braucht, rechnet er kaum mit einem Abbau. Der Preisdruck für die Möbelhersteller aber dürfte zunehmen.