Yoko Ono & Sisters: Warum das Jahr 2022 eine geballte Ladung Frauenpower bereithält
Die Frauen kommen nicht! Denn, sie sind längst da. Das wird man in diesem Kunstjahr auch in der Schweiz kapieren.
Die grosse Mehrheit der Künstlerinnen sind zwar auf dem Kunstmarkt weiterhin nur einen Bruchteil ihrer männlichen Kollegen Wert, und sie werden von vielen Galerien am liebsten dann vertreten, wenn sie tot sind … doch Kunstfrauen sind Persönlichkeiten mit dem Potenzial, sich selbst zu ihrem Recht zu verhelfen: wenn man ihnen denn ein Schaufenster gibt.
Die Schweizerin Manon ist Yoko Onos Schwester
Und das tun in diesem Jahr die wichtigsten Museen der Schweiz. Das Kunsthaus Zürich beispielsweise setzt auf keine geringere als – Yoko Ono. Die bald 90-jährige Performance- und Multimedia-Künstlerin hat die Zürcher Schau sogar persönlich mitkonzipiert.
Rund sechzig Werke aus über fünfzig Schaffensjahren, die meisten noch nie in der Schweiz ausgestellt, werden Fans begeistern: Skulpturen, Papierarbeiten, Installationen, Performances, Filme und Musik.
Die brennendste aller Frage allerdings beantwortet sich erst an der Eröffnung am 4. März: Ob Yoko Ono selbst anwesend sein wird? Wer glaubt, sie habe 1970 tatsächlich Beatles entzweit, traut ihr, im hohen Alter, auch diese Tat zu.
Die Dame mit dem rasierten Schädel
Auch Manon, die grosse Unterschätzte der Schweizer Performancekunst, schlägt 2022 im Kunsthaus Zürich ein. Dort allerdings lediglich in der Gruppenausstellung «Take Care. Kunst und Medizin» ab 8. April. Wer die finale Manon-Monsterschau erleben will, wird die Fotostiftung Schweiz in Winterthur besuchen. Ein Katzensprung von Zürich, der lohnt. Ab 19. Februar sind dort die klassischen Manon-Serien und fotografischen Tableaus zu sehen.
Das Museum hat die Würdigung «Einst war sie: La Dame au crâne rasé» bereits letztes Jahr geplant, zu Ehren von Manons 80. Geburtstag. Doch die coronabedingte Verschiebung macht 2022 zu einer noch runderen Sache: Wer Yoko hochhält, wird im Zuge dessen auch ihre Schwester Manon in ihrer Bedeutung erkennen.
Nicki de St.Phalles «Nana» ist das Maskottchen für 2022
Auch im Aargauer Kunsthaus kann man das ab Ende August tun. Manon ist eine der Künstlerinnen, die dort schon sehr früh gesammelt wurden. Elisabeth Bronfen kuratiert mit «Eine Frau ist eine Frau ist eine Frau» eine Schau, die aus den Beständen des Museums die interessantesten weiblichen Positionen herausschält. Sie schafft damit die Gelegenheit, anhand der Geschichte der Künstlerinnen in der Sammlung den kunsthistorischen Kanon zu hinterfragen.
Im Herbst wendet man den Blick dann noch einmal nach Zürich, noch einmal auf eine unterschätzte Schweizerin, denn endlich rückt Nicki de St.Phalle (1930-2002) ins Licht. Zwanzig Jahre nach ihrem Tod, doch besser spät als nie zeigt das Kunsthaus die Künstlerpersönlichkeit in Zusammenarbeit mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt.
Man wird dabei entdecken: Die St.Phalle war provokant und brutal in ihrem Werk, doch mindestens so sehr auch humorvoll und poetisch. Am besten zeigen das ihre «Nanas», fette sexy Hexen, die das Zeug haben, die Welt zu retten.
Georgia O’Keeffes Riesenblumen machen den Anfang
Den Auftakt des Powerjahres der Frauen macht am 23. Januar bereits Georgia O’ Keeffe (1887-1986) in Basel. Die Fondation Beyeler zeigt die erste grosse Retrospektive einer der bedeutendsten Malerinnen des 20. Jahrhunderts und ist rekordverdächtig.
Die Ausstellung «Georgia O’ Keeffe» verspricht den ersten umfassenden Überblick über das Werk in der Schweiz seit fast 20 Jahren. Der rote Faden der Schau hält sich dabei an eines ihrer frühen Zitate: «Man nimmt sich selten die Zeit, eine Blume wirklich zu sehen. Ich habe sie gross genug gemalt, damit andere sehen, was ich sehe.»
An dieser O’ Keeffe, an Yoko Ono, Manon und Nicki de St.Phalle führt in diesem Jahr kein Weg vorbei.