Nach der Nationalbank: Auch die EZB senkt die Zinsen erneut – aus diesem Grund
Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert mit der vierten Zinssenkung in diesem Jahr auf wachsende Sorgen um die Konjunktur im Euroraum. Ökonomen rechnen damit, dass die Notenbank die Leitzinsen im nächsten Jahr noch weiter herabsetzen wird.
Vorerst verringert der EZB-Rat den am Finanzmarkt richtungsweisenden Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent. Diesen Zins erhalten Geschäftsbanken auf Gelder, die sie bei der Notenbank parken. Sparerinnen und Sparer dürften die erneute Senkung zu spüren bekommen: Sinkende Einlagenzinsen geben viele Institute in Form niedrigerer Sparzinsen an ihre Kundschaft weiter.
Tendenziell sind niedrigere Leitzinsen gut für die Konjunktur: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute – etwa Hausbauer – kommen günstiger an Finanzierungen für Investitionen und können so für Wirtschaftswachstum sorgen.
Experten halten Inflationswelle für beendet
Sorge macht der EZB vor allem die schwache Konjunktur. Erst kürzlich warnte Präsidentin Christine Lagarde vor einer anhaltenden Wirtschaftsschwäche. Die Teuerung im Euroraum wird nach Einschätzung der Notenbank etwas schneller zurückgehen als zuletzt erwartet. Für das laufende Jahr rechnet die EZB mit einer Inflationsrate von 2,4 Prozent. 2025 wird eine Rate von 2,1 Prozent erwartet. Für 2026 rechnet die EZB unverändert mit einem durchschnittlichen Anstieg der Konsumentenpreise im Euroraum von 1,9 Prozent.
Die Notenbank zeigte sich zuversichtlich, dass sich die Inflation «nachhaltig im Bereich des mittelfristigen Zielwerts des EZB-Rats von zwei Prozent einpendeln wird». Die EZB strebt für den Euroraum mittelfristig eine jährliche Inflationsrate von 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke.
Vom Rekordhoch bei 10,7 Prozent im Herbst 2022 ist die Inflation inzwischen weit entfernt – auch, weil sich die EZB mit dem kräftigsten Zinsanstieg seit 25 Jahren dagegenstemmte. Im Juli 2022 fand die jahrelange Null- und Negativzinspolitik ein Ende, zehnmal schraubte die EZB in der Folge die Zinsen nach oben. Höhere Zinsen verteuern Kredite, was die Nachfrage bremsen und hohen Inflationsraten entgegenwirken kann. Im Juni 2024 senkte die EZB die Leitzinsen erstmals wieder.
Drohende Handelskonflikte sind nach Einschätzung führender Notenbanker ein zusätzliches Risiko für die schwächelnde Konjunktur im Euroraum. Der designierte US-Präsident Trump hat hohe Zölle auf Einfuhren aus Europa angekündigt. Die Europäische Union könnte mit Gegenmassnahmen reagieren. Besonders betroffen von einem solchen Handelskonflikt wäre voraussichtlich die Exportnation Deutschland. (dpa)