Zoff um Zigaretten-Werbung: Wie weit soll das Verbot gehen? Die Initianten sehen den Volkswillen missachtet
Der Grundgedanke ist klar: Jugendliche sollen nicht durch Werbung zum Rauchen verleitet werden. Das Stimmvolk hat 2022 die Tabakinitiative angenommen und damit jede Art von Werbung für Tabakprodukte, die Kinder und Jugendliche erreicht, verboten.
Nun wird darüber gerungen, wie das umgesetzt werden soll. Konkret: Wo überall muss die Werbung verschwinden? Der Bundesrat will sie unter anderem von Kiosken, Festivals und allen öffentlich zugänglichen Orten verbannen, die von Minderjährigen besucht werden können, ebenso von Zeitungen und Zeitschriften.
Doch dagegen regt sich Widerstand. Die Gesundheitskommission des Ständerats hat diese Woche mehrere Anpassungen empfohlen. «Die Umsetzung, welche der Bundesrat vorschlägt, geht aus Sicht der Kommissionsmehrheit über die Initiative heraus», sagt Präsident Erich Ettlin (Mitte/OW). Der Bundesrat sei strenger als die Initianten selbst, so der Tenor der Kommissionsmehrheit.
Sie will es der Tabakindustrie beispielsweise erlauben, weiterhin Veranstaltungen zu sponsern, sofern die Werbung für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist. «Das widerspricht der Initiative keineswegs», sagt FDP-Ständerat Josef Dittli.
Doch die Initianten kritisieren die Entscheide. «Die Mehrheit der Kommission hat eine Verwässerung des Jugendschutzes vorgeschlagen und missachtet damit den Volkswillen», sagt Hans Stöckli, SP-Ständerat und Präsident des Trägervereins der Initiative. Das Sponsoring von Veranstaltungen müsse verboten werden, ebenso die Tabakwerbung an öffentlich zugänglichen Orten und in Zeitungen und Zeitschriften. «Der Bundesrat geht nicht weiter als die Initiative», betont er. «Er hat eine klare, angemessene und machbare Umsetzung vorgeschlagen.»
Von Initianten einst selbst vorgeschlagen
Besonders umstritten ist die Frage, ob Tabakwerbung im Innenteil von Zeitschriften und Zeitungen erlaubt sein soll, sofern diese mehrheitlich über Abonnemente an Erwachsene verkauft werden. Ja, findet eine knappe Mehrheit der ständerätlichen Kommission. Nein, findet SP-Ständerat Stöckli.
Allerdings hatten die Initianten ursprünglich selbst eine solche Umsetzung vorgeschlagen – was die Gegenspieler nicht vergessen haben. Haben sie sich die Initianten damit selbst ein Bein gestellt? Stöckli widerspricht. «Wir hatten damals versucht, eine Lösung zu finden, die Werbung ermöglicht, wenn sichergestellt ist, dass diese die Kinder und Jugendlichen nicht erreichen kann.»
Der Bundesrat habe aber überzeugend dargelegt, dass dieses Verfassungsziel nur erreicht werde, wenn Werbung nicht erlaubt sei – schliesslich könnten Zeitungen und Zeitschriften am Kiosk auch an Kinder und Jugendliche verkauft werden und auch in Cafés aufliegen, wo sie Kinder und Jugendliche erreichen. Daher brauche es hier ein Verbot von Tabakwerbung.
«Völlig unverständlich und bedenklich»
Gegen ein komplettes Werbeverbot bei Zeitungen und Zeitschriften wehrt sich unter anderem der Dachverband der Werbebranche, KS/CS Kommunikation Schweiz. Der Entscheid des Volkes sei zu respektieren und die Initiative solle massvoll umgesetzt werden, fordert der Verband. Es sei «völlig unverständlich und staatspolitisch im höchsten Masse bedenklich», dass der Bundesrat weit über das Anliegen der Volksinitiative hinausgehe.
Auch der Verlegerverband begrüsst es, dass die Mehrheit der Gesundheitskommission Tabakwerbung in Zeitungen und Zeitschriften nicht gänzlich verbieten will. «Durch die fundierte und repräsentative Leserschaftsforschung lässt sich feststellen, wie sich das Publikum einer Publikation zusammensetzt», argumentiert Geschäftsführer Stefan Wabel. Daher könne sichergestellt werden, dass Tabakwerbung nur Erwachsene erreiche, so beispielsweise bei einer Wirtschaftszeitung oder einem spezifischen Fachmagazin.
Sicher ist: Die Frage dürfte im Ständerat zu reden geben – und vielleicht bei einigen für rauchende Köpfe sorgen.