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Wegen SVP-Initiative: FDP warnt vor Asylchaos

Markige Worte anstelle eines Gegenvorschlags: Die FDP hat den Kampf gegen die 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP lanciert. Die Freisinnigen bangen um Wohlstand und die bilateralen Verträge. SVP-Präsident Marcel Dettling kontert.

Auf den Feldern verrotten Erdbeeren, Gäste zapfen das Bier selber, Heizungen werden nicht mehr geflickt, Notfallpatientinnen warten draussen, mit der Wirtschaft geht es bachab, Zehntausende Asylsuchende strömen in die Schweiz: So lautet die Kurzzusammenfassung der Botschaft, mit der die FDP am Donnerstag den Kampf gegen die Kündigungsinitiative der SVP lanciert hat. Es sei fahrlässig, in geopolitisch unsicheren Zeiten, in denen obendrein die USA den freien Handel infrage stellten, den bewährten bilateralen Weg abzubrechen, sagte Parteipräsident Thierry Burkart.

Zur Erinnerung: Die SVP fordert mit der Initiative «Keine-10-Millionen-Schweiz», dass die Wohnbevölkerung nicht vor 2050 auf 10 Millionen ansteigen darf. Gemäss aktuellen Prognosen werden hierzulande aber schon 2040 10 Millionen Personen leben. Der Bundesrat lehnt das Volksbegehren ohne Gegenvorschlag ab. Voraussichtlich im Sommer oder Herbst 2026 könnte es an die Urne kommen.

Um den demografischen Wachstumsprozess zu verlangsamen, verlangt die SVP auch die Kündigung der Personenfreizügigkeit. Damit würden die Bilateralen I und wohl auch das Schengen/Dublin-Abkommen hinfällig.

Wer in einem Schengenstaat ein Asylgesuch gestellt hat, kann nicht in einem anderen Schengenstaat ein zweites einreichen. In den letzten fünf Jahren konnte die Schweiz aufgrund dieser Regelung knapp 8400 Asylbewerber wieder in den zuständigen Schengenstaat überstellen. «Wenn die Schweiz aus Schengen/Dublin aussteigt, wird sie zu einer Asylinsel», warnte der Berner Nationalrat Christian Wasserfallen.

Der Berner Nationalrat erinnerte daran, dass in Europa im letzten Jahr 588’000 Asylanträge abgelehnt wurden. Sie alle hätten beim Wegfall von Schengen/Dublin das Recht, in der Schweiz ein Gesuch zu deponieren. Das Fazit von Thierry Burkart: Wegen der SVP-Initiative droht ein «Asylchaos».

Der Luzerner SVP-Ständerat Damian Müller macht sich derweil Sorgen, dass die Schweiz bei einem Wegfall nicht mehr genügend Personal findet, um die Wirtschaft und das Gesundheitswesen am Laufen zu halten. Mehr als ein Drittel der Ärzte und Ärztinnen, des Pflege- und Spitalpersonals stamme aus dem Ausland. «Wir müssten die Spitäler schliessen, wenn nur dort nur noch Schweizerdeutsch gesprochen würde», sagte Müller – und ergänzte, bis in zehn Jahren würden 300’000 Arbeitskräfte fehlen, bei wachsendem Wohlstand sogar 460’000.

Laut der FDP schwächt die SVP wegen des Wegfalls des Schengener Informationssystems SIS auch die Polizei. 40 bis 60 Treffer zu potenziell gefährlichen Personen würde dieses jeden Tag anzeigen, sagte die Waadtländer Nationalrätin Jacqueline de Quattro.

Marcel Dettling: «FDP politisiert im Blindflug»

Noch am letzten Wochenende weibelte der Solothurner FDP-Nationalrat Simon Michel mit einer Zuwanderungsgebühr für einen Gegenvorschlag. Die FDP-Spitze hat sich aber am Dienstag mit dem Medizinaltechnik-Unternehmer darauf geeinigt, diese Option zu verwerfen. Es gäbe bloss die Möglichkeit, mit Mitte-links ein Projekt auszuarbeiten mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner als Basis, sagte Thierry Burkart. «Das würde mehr Umverteilung und mehr Steuern bedeuten.»

Der FDP-Präsident ist überzeugt, dass sich die SVP-Initiative ohne Gegenvorschlag bodigen lässt. Mit markigen Worten an der Pressekonferenz haben die Freisinnigen, denen die Ratslinke vorwirft, mit einer strengen Asylpolitik der SVP hinterherzuhecheln, den Ton gesetzt.

Nicht um klare Worte verlegen ist auch SVP-Präsident Marcel Dettling. «Die FDP politisiert im Blindflug, und einige Exponenten stellen den persönlichen Profit über das Wohl der Bevölkerung», sagt er. Anstatt den Fachkräftemangel zu entschärfen, heize ihn die Personenfreizügigkeit sogar noch an. «Wir müssen die Zuwanderer verarzten, Wohnungen bauen und brauchen mehr Lehrer», sagt Dettling.

Die Spirale drehe in die falsche Richtung. Den Vorwurf, die SVP provoziere ein Asylchaos und gefährde die innere Sicherheit, lässt der Schwyzer Nationalrat nicht gelten. Vielmehr sorgten die offenen Grenzen im Schengenraum schon jetzt dafür. Aus diesem Grund habe die SVP die Grenzschutzinitiative lanciert.