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Hat sich Schweizer «Spion» im Iran wirklich erhängt? Bundesanwalt eröffnet Verfahren wegen «aussergewöhnlichen Todesfalls»

Der Leichnam des Schweizers, der in einem iranischen Gefängnis unter mysteriösen Umständen ums Leben kam, ist in die Schweiz überführt worden. Nun ermittelt die Bundesanwaltschaft.

Die Affäre um den Schweizer, der sich angeblich in einem iranischen Gefängnis das Leben genommen hat, weitet sich aus. Die iranische Justiz behauptet, der Mann habe unerlaubt ein Militärgelände fotografiert. Der in Namibia geborene Schweizer sei mit einem Privatwagen als Tourist eingereist, sagte in Teheran ein Justizsprecher. Im Auto habe der Mann diverses technisches Gerät mitgeführt.

Auch die Art, wie sich der 64-Jährige das Leben genommen haben soll, teilten die Iraner jetzt mit: Er habe das Licht gelöscht und sich in einem von der Kamera nicht erfassten Bereich in seiner Zelle erhängt.

Jetzt wird die Leiche untersucht

Der Leichnam befindet sich inzwischen in de Schweiz. Auf Anfrage teilt das Aussendepartement mit, dass er am Mittwoch per Linienflug in die Schweiz gebracht worden sei.

Die Bundesanwaltschaft hat, wie sie auf Anfrage mitteilt, umgehend ein Verfahren eingeleitet, um «die Umstände des Todesfalls abzuklären». Die Behörde ermittelt wegen eines «aussergewöhnlichen Todesfalls». Das geschieht laut Strafgesetzbuch dann, wenn «bei einem Todesfall Anzeichen für einen unnatürlichen Tod, insbesondere für eine Straftat», bestehen. Laut Gesetz muss in diesem Fall eine medizinische Untersuchung der Leiche durchgeführt werden, eine sogenannte Legalinspektion.

Das gleiche Prozedere inklusive Obduktion kam auch 2021 beim angeblichen Selbstmord einer Schweizer Diplomatin in Teheran zur Anwendung. Nach Rückführung der Leiche eröffnete die BA ein Verfahren, das bis Ende 2024 dauerte. Die Behörde kam zum Schluss, dass es sich höchstwahrscheinlich tatsächlich um Selbstmord handelte. Mit Sicherheit feststellen liess sich das nicht mehr. Auch, weil die BA nicht vor Ort in Teheran untersuchen konnte.

Wurde der Mann gefoltert?

Der neuerliche angebliche Selbstmord eines Schweizers im Iran ereignete sich Anfang Januar im Gefängnis von Semnan,knapp 200 Kilometer östlich der iranischen Hauptstadt Teheran. Die iranischen Behörden teilten damals mit, er sei ein Spion gewesen. Zunächst hiess es, er sei erwischt worden, als er Bodenproben in der Nähe einer Raketenabschussbasis nahm. Laut iranischen Medien war der Mann aber bereits im Oktober 2024 verhaftet worden. Und zwar während des israelischen Luftangriffs auf iranische Atomanlagen.

Das Schweizer Aussendepartement wurde allerdings erst am 10. Dezember 2024 über die Verhaftung des Schweizer Staatsbürgers informiert. Kenner der Situation in iranischen Gefängnissen gehen davon aus, dass der Mann gefoltert wurde.

Iranische Medien kolportierten am Mittwoch die Behauptung, dass eine Delegation der Schweizer Botschaft und ein Arzt die Leiche im Gefängnis begutachtet und bestätigt hätten, dass es sich um Suizid handelte.

Diese Darstellung weist Michael Steiner, Sprecher des Schweizer Aussendepartements, zurück: «Korrekt ist, dass das Team der Schweizer Botschaft mit einem Vertrauensarzt den Leichnam des Mannes im Gefängnis abgeholt und nach Teheran gebracht hat. Der Arzt konnte aufgrund einer ersten Begutachtung der Leiche einen Selbstmord nicht ausschliessen. Dabei handelte es sich natürlich nicht um eine abschliessende Beurteilung.»

Exil-Iraner beobachten in den letzten zwei Jahren eine Häufung von angeblichen Selbstmorden von politischen Gefangenen in iranischen Gefängnissen. Ein Grund sei, dass die Gefangenen massiv mit Medikamenten «behandelt» würden.