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50 Tote, eine Million mit Symptomen: Covid-Welle erreicht Nordkorea – und stürzt den Diktator in die Krise

Seit in Nordkorea der erste offizielle Infektionsfall vermeldet wurde, verbreitet sich das Coronavirus wie ein Lauffeuer. Die Regierung scheint in Klemme zu stecken.

Die Mitarbeiter haben versagt, lässt Kim Jong Un durch die Staatsmedien erklären. Laut der politisch kontrollierten Nachrichtenagentur Korean Central News Agency (KCNA) hat Kim «das Kabinett und den öffentlichen Gesundheitssektor stark für ihre verantwortungslose Arbeitseinstellung und Organisations- wie Durchführungsfähigkeit» kritisiert. Medizinische Massnahmen erreichten die Bevölkerung nicht rechtzeitig, die Verantwortlichen «verstehen die gegenwärtige Krise nicht.»

Die harschen Worte, die der Regierungschef und Diktator von Nordkorea wählt, lassen erahnen, wie rasant sich die Pandemie dieser Tage im Land ausbreitet. Erst Mitte vergangener Woche vermeldete der abgeschottete Ein-Parteien-Staat zwischen China und Südkorea seinen ersten offiziellen Fall von Covid-19. Mittlerweile sind laut staatlichen Medienberichten 50 Personen gestorben, 1,2 Millionen haben Fiebersymptome. Bei einer Bevölkerung von 26 Millionen ist es ein explosives Wachstum.

Niemand reagierte wie der Herrscher von Pjöngjang

Explosiv scheint aber auch die politische Stimmung im Land zu sein. Schliesslich reagiert Kim Jong Un, der in dritter Generation die Kommunistische Partei Nordkoreas und damit den Staat anführt, ganz anders auf die Ausbreitung des Virus als Regierungschefs anderswo. Als Corona zum Problem der öffentlichen Gesundheit wurde, erklärte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dem Virus den Krieg. Der damalige US-Präsident Donald Trump spielte die Gefahren runter. Angela Merkel, ihrer Zeit Deutschland Kanzlerin, appellierte an die Geduld und Leidensbereitschaft der Nation.

Strategien der Krisenkommunikation hat es in den letzten zwei Jahren unterschiedliche gegeben. Öffentlich gegen die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schiessen, diese quasi für das Chaos verantwortlich zu machen, ist auf diese Weise aber ein Alleinstellungsmerkmal Nordkoreas. Offensichtlich fürchtet Kim Jong Un, der damit die Aufmerksamkeit von sich zu lenken versucht, um seine Legitimität als politischer Anführer eines krisenerprobten Landes. Schliesslich sind auch die von Kim getroffenen Massnahmen zumindest international umstritten.

So könnte das Virus ins Land gekommen sein

Als Ende 2019 der erste Fall von Covid-19 im benachbarten China festgestellt worden war, reagierte die nordkoreanische Regierung mit strengen Grenzschliessungen. Was das Virus fernhalten sollte, schottete Nordkorea auch wirtschaftlich ab. Wichtiger Güterverkehr ins Land, das inmitten wiederholter Waffentests seit 2017 von weitreichenden UNO-Handelssanktionen betroffen ist, wurde somit gestoppt. Erst seit Beginn dieses Jahres begannen die Lieferungen wieder – und haben womöglich das Virus eingeschleppt.

Pandemiepolitisch schien die totale Isolation angesichts der Umstände ein sinnvoller Schritt. Schliesslich dürften sich im agrarisch geprägten Land Massnahmen wie Homeofficeanordnungen kaum durchsetzen lassen. Ökonomisch verschlechterte sich aber eine ohnehin schon angespannte Lage. Ein Bericht des Welternährungsprogramms der UNO befand im vergangenen Jahr, dass 42 Prozent der Bevölkerung unterernährt seien. In staatlichen Medien wird schon vermehrt von den Gefahren einer Dürre und diversen Massnahmen dagegen berichtet.

Kim Jong Un will keine Verantwortung für das Versagen in der Pandemie

Kim Jong Un wiederum scheint zu verstehen, dass seine nunmehr zehn Jahre währende Regentschaft zumindest in letzter Zeit kaum noch als erfolgreich gesehen werden könnte. Ende 2020 trat Kim unter Tränen vor die Öffentlichkeit und bat die Bevölkerung um Verzeihung, dass die Entwicklungsziele nicht erreicht worden waren. Die Bilder überraschten, da sich Kim bis dato gern als starker und praktisch unfehlbarer Führer präsentiert hatte. Die Überforderung bei der Kontrolle der Pandemie wiederum scheint er sich nicht auch noch anlasten zu wollen.

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