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Dieter Ammann im ZT-Talk: «Meine Frau sagt, ich lebe schon jetzt wie ein Pensionär»

Der weltweit gefeierte Zofinger Komponist und Ehrenbürger Dieter Ammann feiert nächsten Dienstag seinen 60. Geburtstag. Die Hochschule Luzern widmet ihm aus diesem Anlass eine Konzertreihe. Im ZT-Talk erzählt Ammann, wie er den Pandemie-Sommer 2020 verlauerte – und welche Konsequenzen dies für seine Arbeit hatte.

Von Kindesbeinen an stand die Musik im Zentrum von Dieter Ammanns Leben. Er studierte Musik in Luzern und Basel und trat in den 80er Jahren als Jazz-Musiker an internationalen Festivals auf. Mit 30 wandte er sich der Komposition zu. Für seine Kammermusik- und Orchesterwerke erhielt er zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen, 2018 beispielsweise den Schweizer Musikpreis. Sein Klavierkonzert «Gran Toccata» feierte vor rund zwei Jahren grosse Erfolge rund um den Globus, das Schweizer Fernsehen widmete Ammann einen Dokumentarfilm. Am 17. Mai feiert der Zofinger Ehrenbürger seinen 60. Geburtstag.

 Stimmt ihn die Zahl fröhlich – oder eher nachdenklich? «Noch einmal 60 Jahre sind nicht zu erwarten, vor allem, wenn man meine Familiengeschichte kennt. Die Vorfahren väterlicherseits wurden nie allzu alt», sagt Ammann.  «Ehrlich gesagt waren mir Geburtstage – ausser als Kind, da nimmt man sie ernst – nie wichtig.» Erinnern könne er sich nur an runde Geburtstage. «Diese haben wir jeweils im grösseren Rahmen gefeiert.» Organisatorin war stets seine Lebenspartnerin und Ehefrau, Yolanda Senn Ammann. «Sie freut sich mehr über meinen Geburtstag als ich mich selbst.» Beim bevorstehenden 60. Geburtstag habe er darum gebeten, es etwas ruhiger angehen zu lassen. «Ich habe in diesem Monat so viele Konzerte wie sonst in eineinhalb Jahren nicht. Deshalb bin ich sehr froh, wenn der 17. Mai nicht auch noch mit einer Sause begangen wird.»

Seine Haut sei immer brauner geworden

Sehr gespannt sei er auf die Uraufführung des Chorwerks «Morceau en forme d’improvisation» im KKL Luzern am 31. Mai. «Das einzige Stück von mir, das nie uraufgeführt wurde. Es hiess, der Chorpart sei zu schwer.» Das Stück mixt einen hochkomplexen Chorsatz mit Klaviermusik, das Zwischenstück wird von einem Jazz-Sextett gespielt. Am 26. Mai gibt die Basler Sinfonietta zu Ehren Dieter Ammanns ein Geburtstagskonzert. «Es wird fürs französische Fernsehen aufgezeichnet – und es gibt eine CD-Produktion.» Schöner Zufall: Am diesem Geburtstagskonzert für Dieter Ammann feiert Yolanda Senn Ammann ihren Geburtstag.

Wie hat er als Komponist die Pandemie erlebt? «Ich bin ich in ein Loch gefallen. Ich habe angefangen, den Tag zu verlauern, dann die nächste Woche, dann den nächsten Monat. Der Sommer 2020 war einer der entspanntesten überhaupt.» Seine Haut sei immer brauner geworden. Andererseits habe es auch dazu geführt, dass er den Auftrag für ein Bratschenkonzert um eine Saison habe hinausschieben müssen.

Ich habe in diesem Monat so viele Konzerte wie sonst in eineinhalb Jahren nicht.

Dieter Ammann

Zofinger Komponist und Ehrenbürger

«Mittlerweile sind wir bei sechs, sieben Minuten Dauer. Immerhin, aber das ist noch kein Konzert. Es ist wieder sehr, sehr dichte und intensive Musik, mit vielen Noten. Die Partituren sehen recht dunkel aus. Ich hoffe, dass ich auf diesem Niveau weiterarbeiten kann.» Zum ersten Mal in seinem Leben spiele bei einer Komposition der Alltag hinein – «sprich der Ukraine-Krieg». Dieser beschäftige ihn so stark, dass er das Nachdenken darüber nicht mehr von seiner Musik trennen wolle und könne. Uraufgeführt werden soll das Bratschenkonzert im nächsten Jahr. Schon in der Pipeline ist ein Orchesterwerk für die Berliner Philharmoniker. «Es kommt Ende 2025.»

Was sind seine Pläne in den nächsten Jahren? Er unterrichte weiter und könne sich auch vorstellen, Privatunterricht zu geben. «Und ich komponiere weiter. Als Komponist ist man nicht pensioniert. Man kann das Hirn nicht abstellen und hat keine Musik mehr drin. Meine Frau sagt, ich lebe schon jetzt wie ein Pensionär. Deshalb wird es so weitergehen wie bisher.»

So ehrt die Hochschule Luzern Dieter Ammann

Anlässlich des 60. Geburtstags von Dieter Ammann führt die Hochschule Luzern in Kooperation mit dem Luzerner Sinfonieorchester und der Zürcher Sing- Akademie beinahe dessen gesamtes kammermusikalisches Werk sowie Kompositionen für Chor und Orchester auf. Dabei ist auch die Uraufführung des Chorwerks «Morceau en forme d’improvisation» im KKL Luzern zu erleben. Mit der Hommage ehrt die HSLU ihren langjährigen Kompositionsdozenten.
«Wir kehren mit der Hommage zu Ammanns kompositorischen Anfängen zurück und bringen nahezu das gesamte kammermusikalische Werk, das bis 2011 im Zentrum seines Schaffens stand, zur Aufführung», sagt Michael Zink, Leiter des Instituts für Neue Musik, Komposition und Theorie der HSLU. «Wir freuen uns, dass zudem seine Chorwerke zu hören sein werden und mit glut eines der grossen Orchesterwerke, denen er sich in den letzten zehn Jahren immer mehr zuwandte», so Zink.

Drei Konzerte (1., 11. Und 12. Mai) haben bereits stattgefunden, drei stehen noch bevor:

14. und 20. Mai: Konzerte im Konzertsaal Salquin der HSLU.

31. Mai 2022: Konzert mit Uraufführung «Morceau en forme d’improvisation» für 36-stimmigen Chor, Klavier zu vier Händen und Jazzsextett. Zusammen mit der Zürcher Sing-Akademie und dem Luzerner Sinfonieorchester.

14., 20. und 29. Mai: Bei den MusicTalks im Konzertsaal Salquin der HSLU empfängt Dieter Ammann unterschiedliche Gäste, u.a. Komponist Wolfgang Rihm, Frédéric Durieux vom Conservatoire de Paris, Cellistin Karolina Öhman oder Florian Helgath, Dirigent der Zürcher Sing-Akademie.

Eintritt: Alle Konzerte und MusicTalks an der HSLU sind gratis. Tickets für das Konzert vom 31. Mai im KKL Luzern gibt es unter unter kkl-luzern.ch.

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