Ein Ritterschlag, ein Lebenstraum und ein grosses Abenteuer für sportliches Strengelbacher Paar
Hier müssen Sportfreaks leben. Der Wäscheständer auf dem Sitzplatz vor dem Haus am Strengelbacher Dorfrand ist voller Trainingskleider. Drinnen hängen an einer Alustange Medaillen statt Gardinen. Dazwischen zieren Startnummern die Wände. Allerlei Trophäen und Pokale dekorieren die Regale. Neben dem Sofa stehen zwei Bikes fürs Indoor-Training. Beim Esstisch liegt ein Gerät fürs Atemmuskeltraining. «Der Sport ist unsere grosse Leidenschaft und gibt uns extrem viel», sagt Katharina Roer und rückt ihr Ironman-Cap zurecht. «Insbesondere der Ironman hat es uns angetan, der ist für uns mehr als ein Rennen, er ist zum Lifestyle geworden», ergänzt ihr Partner Antonio Caracciolo. Die beiden lernten sich 2014 in einem Triathlon-Trainingslager auf Mallorca kennen- und lieben. Nun haben sie sich beide in ihrer Altersklasse einen Startplatz für die Ironman-WM auf Hawaii am 6. Oktober 2022 gesichert. Selten schafft ein Paar eine gemeinsame Teilnahme – die Schweizer Lucia und Pablo Erat waren eine Ausnahme, Roer und Caracciolo sind es ebenso.
Denn das Qualifikationsverfahren für die WM auf Hawaii ist ausgeklügelt. Pro Jahr gibt es rund 40 Ironman-Events, an denen man sich einen «Slots» in seiner Altersklasse sichern kann. «Bei den Frauen gibt es pro Rennen meist nur einen Startplatz für Hawaii abzuholen», erklärt Roer, «du musst gewinnen oder hoffen, dass diejenigen vor dir verzichten.» Die 37-Jährige «buchte» ihren Slot im November 2021, als sie in Cozumel (Mex) Fünfte wurde. Die vor ihr Klassierten hatten ihren WM-Startplatz bereits oder wollten nicht nach Hawaii. Diese frohe Botschaft erhielt die gebürtige Deutsche am 3. Januar per Email. «Ich las die Nachricht, begann zu zittern und freute mich wahnsinnig.» Antonio Caracciolo hatte sich bereits Anfang 2020 für Hawaii qualifiziert, doch dann sorgte die Pandemie für zwei Absagen der Ironman-WM auf Kona.
Was macht denn die Faszination aus für das Rennen über 3,86 km Schwimmen in der Bucht von Kailua-Kona, 180 km Radfahren auf dem Queen Kaahumanu Highway und 42 km Laufen auf dem Alii Drive? «Der Event ist ein Mythos, da starten zu können ist der Ritterschlag für einen Triathleten», formuliert es Caracciolo. Er übt diesen Sport seit 25 Jahren aus und bestritt schon 20 Langdistanz-Wettbewerbe, unter anderem den Powerman Zofingen. Der 53-Jährige behandelte in seiner Massagepraxis auch die Küngoldingerin Natascha Badmann, sechsfache Hawaii-Siegerin. Wie die sogenannte «Queen of Kona» sagt Caracciolo: «Unterwegs leidest du, aber du geniesst das Rennen auch.» Roer sagt: «Und die Emotionen an der Ziellinie sind unbeschreiblich.»
In der Vorbereitung hält sich das Duo strikt an die individuellen Pläne des Trainers. Ob Schwimmen morgens um 6 Uhr in der Sportarena in Oberkirch, Laufen über Mittag oder zu Randzeiten auf der Bahn in Olten oder Nottwil, längere Radfahrten am Wochenende – alles planen die beiden rund um ihre 100-Prozent-Jobs als Medizinischer Masseur und Sales-Managerin bei einer Medizintechnikfirma. Das Pensum ist happig. «Wenn wir dann abends k.o. heimkommen, ist da niemand, der noch in den Ausgang will», sagt Katherina Roer. «Die Akzeptanz, dass der Sport so viel Zeit einnimmt, ist jederzeit da und erleichtert einiges», so Caracciolo. Aus dem Sport schöpfen beide Kraft. «Wir sind gerne draussen unterwegs und tun etwas für den Körper und den Geist. Sich mit Hartnäckigkeit auf ein Ziel vorzubereiten, Biss und Begeisterung zu haben, das kann man auch sonst im Leben gut brauchen», betont Caracciolo, «diesen positiven Spirit, den eben auch der Ironman vermittelt, wollen wir transportieren – vielleicht irgendwann mit Vorträgen.»
Kostspielige Sache und ein Crowdfunding
Er spricht von Referaten, die er und seine Partnerin im Rahmen eines Crowdfundings auf www.ibelieveinyou.ch anbieten, als Gegenleistung für die, die das «Iron Couple» auf dem Weg nach Kona finanziell unterstützen möchten. Rund 1300 Franken Einschreibegebühr pro Person fallen an. Hinzu kommen Flüge, die Appartementmiete während rund drei Wochen auf Hawaii, Sportfood, Trainingslager, Lizenzen, Kleidung, Material. Obwohl das Paar weder neue Rennräder kauft, noch teure Camps bucht, beziffert es die anfallenden Kosten mit etwa 20 000 Franken. «Das Ganze ist etwas, das man als Amateur wohl nur einmal im Leben macht», sagt Katharina Roer. 2013 hätte sie bereits einmal einen Slot gehabt, musste aber mangels Urlaubstagen, aus finanziellen Gründen und wegen Pfeifferschem Drüsenfieber damals passen. Umso mehr schätzt sie es, die Vorfreude nun mit Toni teilen zu können. «Seit wir zusammen sind und in elf von zwölf Monaten an sechs von sieben Tagen mehrere Stunden trainieren, hoffen wir, einmal gemeinsam auf Hawaii antreten zu können.» Sie, der Wirbelwind, der immer voller Energie ist, und ihr Partner, der ruhende Pol, sind sich einig: «Für uns erfüllt sich mit der gemeinsamen Hawaii-Teilnahme ein Lebenstraum.»
Hier geht es zum Crowdfunding.
Hier kann man auf Facebook mit dem Ironcouple mitfiebern.
Hier gibt es mehr zur «Queen of Kona» Natascha Badmann, die auf Hawaii 2022 geehrt werden soll.