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Operations-Stopp? Aargauer Spitäler wollen keine Vorschriften aus Bern und je nach Situation selber entscheiden

Die Aufforderung des Bundesrates, nicht-dringliche Operationen sofort nicht mehr durchzuführen, kommt bei den Aargauer Spitälern nicht besonders gut an. Sie wollen selber entscheiden.

Neben der Ankündigung, die Booster-Wartezeit von sechs auf vier Monate zu verkürzen, irritierte der Bundesrat die Kantone am Freitag mit einer weiteren Äusserung. «Der Bundesrat empfiehlt den Kantonen dringend, nicht-dringliche Eingriffe in den Spitälern zu verschieben, um das Gesundheitspersonal zu entlasten», verkündete die Landesregierung.

Die Aargauer Spitäler sind schon seit Wochen mit diesem Problem konfrontiert. Die Kantonsspitäler in Aarau (KSA) und Baden (KSB) kündigten schon Anfang Dezember an, geplante Eingriffe zu verschieben angesichts der starken Auslastung der Intensivstationen durch Covid-Patienten.

Die neue Aufforderung aus Bern nehmen Kanton und Spitäler zur Kenntnis. Als weitere Entscheidungshilfe dient die Bundesratsforderung allerdings offensichtlich kaum. KSB-Sprecher Omar Gisler sagt auf Anfrage, man solle sie einfach arbeiten lassen. Vor Ort sei besser beurteilbar, was wann gemacht werden müsse. Das KSB agiere situationsbedingt zum Wohle der Patienten. Ein von aufoktroyierter pauschaler Verzicht auf nicht-dringliche Operationen sei nicht zielführend, so Gisler. «Die Spitäler stehen in engem Austausch mit dem DGS. Durch diese Koordination wird sichergestellt, dass die zur Verfügung stehenden Ressourcen optimal eingesetzt werden können.»

Auch komplizierte Eingriffe werden verschoben

Christoph Fux, Chef Infektiologie am KSA, argumentiert ähnlich: «Wir sind froh, dass uns der Kanton nicht ein rigoroses Korsett vorschreibt. Wir müssen sehr kurzfristig planen können – so können wir das Maximum herausholen.» So habe das KSA 20 Prozent der OP-Kapazitäten zurückgefahren. Auf Kosten von normalen Operationen habe man so zwei zusätzliche Intensiv-Betten und einen 24-Stunden-Aufwachraum schaffen können.

Verschoben werden laut Fux zur Zeit auch komplizierte Eingriffe, welche nach Operationen die Intensivpflegestationen (IPS) beanspruchen, aber nicht akut seien. Als Beispiele nennt er komplexe Operationen an der Wirbelsäule oder gewisse OP von Lunge oder Magen.

Zurzeit sind gemäss Fux im ganzen Kanton 85 Prozent der IPS-Betten belegt, davon knapp die Hälfte von Covid-Patienten. Trotz Engpassen betont das KSA, Personen mit medizinischen Problemen sollen nicht aus falscher Zurückhaltung nicht ins Spital oder zum Arzt gehen.

Infektiologe Fux, der bis Ende Jahr auch interimistisch Aufgaben der vakanten Kantonsarztstelle übernimmt, macht darauf aufmerksam, dass die Omikron-Variante die Spitäler bald vor noch grösseren Herausforderungen stellen könnte. Vieles, was bisher galt, stimmt nicht mehr, sagt Fux mit Verweis auf neuste Zahlen und Fakten aus England und von der Weltgesundheitsorganisation WHO.

Wer genesen, aber ungeimpft sei, habe keinen Schutz vor dieser Variante. Bei Geimpften falle der Schutz nach vier Monaten unter 40 Prozent, nach sechs Monaten unter 30 Prozent. Eine Impfung schütze auch bei Omikron vor schweren Verläufen, aber nur noch zu 70 Prozent, bei Delta sind es 90 Prozent. Wer genesen, aber ungeimpft sei, habe ebenfalls einen deutlich geringeren Schutz vor dieser Variante.

Es gebe noch viele Unbekannten, so Fux. Aber auch wenn sich Omikron als weniger gefährlich herausstellen sollte: «Die Variante ist so ansteckend, dass die Gesamtmenge der Angesteckten so stark steigen wird, dass darunter insgesamt mehr schwer Erkrankte sein dürften als heute.» Umso wichtiger sei, dass möglichst viele geimpft seien und möglichst schnell geboostert würden. Der Booster verbessere gemäss ersten Daten aus England den Schutz nämlich wieder auf sehr gute 80 Prozent.

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