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Aargauer Firma baut Kleinstauto mit Elektroantrieb – dessen Vorgänger «Silberfisch» führt zu einer tragischen Geschichte

In rund 1000 Arbeitsstunden haben Mitarbeiter der Rapid Technic AG mit Sitz in Killwangen den «Rapid Voiturette E», ein Kleinstauto mit einem rein elektrischen Fahrantrieb, gebaut. Anlass war das 75-Jahre-Jubiläum des «Voiturette R», auch «Silberfisch» genannt. Dieser wurde 1946 in den Produktionshallen der damaligen Rapid Motormäher AG in Dietikon erbaut. Die Grundlagen für das Kleinstauto erarbeitete der österreichisch-ungarische Ingenieur Josef Ganz vor dem Zweiten Weltkrieg. Sein Ziel war ein Idealfahrzeug, das sich auch Geringverdiener würden leisten können.

«Wir sind stolz darauf, dass in den Werkhallen der Rapid damals ein solches Auto gebaut wurde. Trotz seiner tragischen Geschichte», sagt Lukas Zumsteg, Vertriebsleiter bei Rapid. Ingenieur Josef Ganz war als Jude ab 1933 verfolgt worden, verlor all seine Patente und flüchtete über das Fürstentum Liechtenstein in die Schweiz. Dort nahmen das Zürcher Arbeitsamt und die Rapid Motormäher AG seine Idee mit dem günstigen Kleinwagen wieder auf.

Das Interesse am minimalistischen Auto war in der Schweiz damals klein. Denn zur selben Zeit konnten für etwas mehr Geld bereits luxuriösere Kleinwagen wie der VW Käfer erworben werden. Als «Bastard aus Motorrad und Auto» wurde der «Silberfisch» damals bezeichnet, was dazu führte, dass die Produktion nach der 0-Serie mit nur 36 Stück wieder eingestellt wurde. 1951 emigrierte Josef Ganz nach Australien, wo er 1967 einsam und verarmt starb.

Mit dem neuen «Rapid Voiturette E» ist eine maximale Fahrtgeschwindigkeit von über 90 km/h möglich. Dahinter befindet sich der alte, restaurierte «Rapid Voiturette R» von 1946.

Ein einfaches, günstiges Auto ist wieder aktuell

Der im heutigen Killwangener Hauptsitz der Rapid Technic AG hergestellte moderne Nachbau des «Silberfisch» basiert auf den im Betrieb grösstenteils vorhandenen Originalzeichnungen von früher. Anstelle des damaligen Viertakt-Gegenkolbenmotors kommt nun aber modernste Antriebstechnik zum Einsatz: Im neuen Auto wurde der vollelektrische Einachser «Rapid URI» eingesetzt. Die Energie wird durch einen Wechselakku bereitgestellt. Damit sind Fahrten über eine Distanz von rund 180 Kilometern und maximale Fahrgeschwindigkeiten von über 90 km/h möglich.

«Das Bedürfnis, ein einfaches, günstiges Auto zu haben, ist wieder aktuell, insbesondere eines mit Elektroantrieb», sagt Vertriebsleiter Zumsteg. Der Verkaufspreis des neuen Prototyps wird vom Unternehmen auf rund 12’500 Franken geschätzt. Im Mai 2022 sollen weitere Langzeittests mit dem neuen Prototyp folgen. Bei der Präsentation des neuen Modells mit Elektroantrieb wurde auch ein restauriertes, altes Modell zum Vergleich gezeigt.

Neue und alte Modelle von Motormähern (ganz rechts eine Maschine von 1926, ganz links eine von 2021) sowie die minimalistischen Autos im Killwangener Hauptsitz von Rapid.

Seit bald 100 Jahren im Geschäft

1926 entwickelten zwei Ingenieure in Zürich den ersten Motoreinachser weltweit für die damalige Rapid Motormäher AG. Heute stellt das Unternehmen modernste Motormäher sowie Hochleistungskühler für Lastwagen, Autos und Eisenbahnen her. In Killwangen sind rund 120 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. 2026 wird Rapid 100 Jahre alt. Die gegenwärtige Krise im Zusammenhang mit dem Coronavirus sei «eine spannende und gleichzeitig herausfordernde Zeit». Vertriebsleiter Zumsteg:

«Während Corona kamen natürlich zuerst Ängste auf, dass wir nicht mehr zu den Kunden können. Denn unsere Geräte müssen vorgeführt werden.»

Lukas Zumsteg, Vertriebsleiter der Rapid Technic AG, vor einer Maschine in der Produktion.

Trotzdem ist das Unternehmen bisher gut durch die schwierige Zeit gekommen. Innerhalb weniger Wochen nach Pandemiebeginn sei die Nachfrage wieder gestiegen. «Wir legten bei den Auftragseingängen im zweistelligen Prozentbereich zu. Das Geschäft lief sehr gut», so Zumsteg.

Wie bei zahlreichen anderen Unternehmen wurden aber Unterbrüche in den Lieferketten zur Herausforderung. «Das macht es uns im Moment nicht einfach. Es wird auch in Zukunft herausfordernd sein, dass wir die Lieferverfügbarkeit gewährleisten können», sagt Zumsteg. «Man ist es sich von uns gewohnt, dass wenn man einen Rapid bestellt, ihn innerhalb von zehn Arbeitstagen bekommt. Das konnten wir in dieser Zeit nicht immer gewährleisten.»

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