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Mit Bitcoin aus der Armut: «Ich bin eine wandelnde Provokation» – der jüngste Schweizer Selfmade-Millionär im Interview

Dadvan Yousuf fährt in einer schwarzen Limousine vor dem Gebäude vor, in dem sich sein Büro befindet. Er kommt vom Grand Hotel Dolder, einer der besten Adressen in der Stadt Zürich. Dort hat er sich vom Flug von Dubai erholt, wo er geschäftlich war. Der wohl jüngste Selfmade-Millionär der Schweiz hat im Zentrum der Stadt unweit des Paradeplatzes sein Büro eingerichtet. Der Name seines Family Offices ist mit provisorischem Klebeband auf dem Klingelschild angeschrieben. Er trägt einen dünnen Pullover und Hosen, die oberhalb der Knöchel enden. Seine Füsse stecken in Slippern. Der 21-Jährige hat es in kurzer Zeit zu einiger Berühmtheit gebracht. Das liegt an seiner unglaublichen Geschichte: er kauft als Kind einer mittellosen Flüchtlingsfamilie Kryptowährungen und wurde damit reich.

Sie gelten als jüngster Selfmademillionär der Schweiz. Wie kamen Sie zu Ihrem Reichtum?

Ich kam 2003 im Alter von 3 Jahren als Flüchtling mit meiner Familie in die Schweiz. Wir flüchteten vor dem Irak-Krieg aus Nordkurdistan. Wir wurden vorläufig aufgenommen mit einem F-Status. Wir lebten in Ipsach bei Biel. Ich trug teilweise Kleider, die meine Kollegen wegwarfen und all unsere Möbel hatten wir vom Strassenrand. Wir lebten für Schweizer Verhältnisse in Armut, aber meiner Familie in Nordkurdistan ging es noch schlechter. 2011 brauchte meine Grossmutter Geld, um ihren Lymphdrüsenkrebs zu behandeln. Ich bekam mit, wie schwierig das war. Man konnte es nicht überweisen, wir mussten einen Boten schicken. Also begann ich zu googeln nach Alternativem zu Geld. Auf Deutsch fand ich wenig, also versuchte ich es auf English.

Der Flüchtling, der es mit Bitcoin aus der Armut schaffte

Dadvan Yousuf, 21, kam im Jahr 2003 als Flüchtling in die Schweiz. Er wurde am 9. April 2000 im Norden des Iraks geboren. Sein Vater war ein kurdischer Kämpfer. Die Familie flüchtete vor dem Irakkrieg. Sie lebten zuerst in Neuenburg und dann in Ipsach bei Biel. Die Familie wuchs auf sieben Kinder an. Als Elfjähriger investiert Yousuf zum ersten Mal in die Kryptowährung Bitcoin. Damals kostet ein Bitcoin rund einen Franken. Der Wert stieg in den letzten Jahren stark an. Yousuf gründete die Dorhnii-Foundation, die das Ziel hat, Wissen über Kryptowährungen und den Handel damit zu verbreiten. Eine Zeit lang lebte er Im Grand Hotel Dolder in Zürich.

Warum konnten Sie als Elfjähriger schon Englisch sprechen?

Schon auf der Flucht mussten wir uns auf Englisch durchschlagen. Dort bekam ich die ersten Worte mit. Später lernte ich es durch englische Fernsehsendungen.

Im Internet stiessen Sie dann auf Bitcoin?

Ja, ich las in Foren davon. Ich war wütend auf die Banken, die es nicht ermöglichten, dass wir Geld zu meiner Grossmutter sandten. Ich stiess auf Foren, wo Bankengegner den Bitcoin als Alternative zum klassischen Bargeld priesen. Das begeisterte mich mit 11 Jahren. Ich verstand nicht alles, aber ich war beeindruckt. Ich las alles über Bitcoin und war verblüfft, dass man Bitcoin so schnell versenden kann. Ich hoffte, dass wir so unserer Grossmutter helfen können.

Woher hatten Sie denn das erste Geld, um sich Bitcoins zu kaufen?

Ich nahm meine Spielsachen und legte sie auf einen Teppich vor unserem Haus, um sie zu verkaufen. Dadurch verdiente ich ein paar Franken. Wenn ich heute daran zurückdenke, haben die Leute meine Sachen wohl vor allem aus Mitleid gekauft. So kam etwas Geld zusammen. Dann bestürmte ich meinen Vater, dass er mir helfen sollte. Ich kaufte meine ersten 10 Bitcoins, die damals etwa 15 Euro kosteten. Als ich dann schliesslich 100 Bitcoin hatte, wollte ich die meiner Grossmutter senden. Ich war sehr naiv, glaubte, ich könne das Kryptogeld nun einfach überweisen. Doch das hat dann nicht funktioniert. Mein Vater schien doch recht gehabt zu haben. Das Geld schien verloren. Ich liess es dann einfach in meinem virtuellen Konto. Ein Jahr später habe ich das Konto wieder angeschaut und sieh da: Der Bitcoin hatte sich verzehnfacht. Plötzlich hatte ich ungefähr 1600 Dollar. Dann begann mich das Thema richtig zu interessieren.

Das Bitcoin-Wunderkind: der Flüchtling Dadvan Yousuf wurde zum Millionär, Zürich, 3. November 2021.
Das Bitcoin-Wunderkind: der Flüchtling Dadvan Yousuf wurde zum Millionär, Zürich, 3. November 2021.Alex Spichale / MAN

Wie haben Sie Ihre Bitcoins vermehrt?

Ab dem 13. bis zum 17. Lebensjahr habe ich mit Bitcoin gehandelt. Ich habe gekauft, wenn der Kurs tief war und verkauft, wenn er hoch war. Das lief aber nicht so gut. Ich habe zuerst vor allem verloren. Ich begann dann Regelmässigkeiten in den Währungskursen zu suchen. Bevor der Kurs steigt, gibt es meist gewisse Anzeichen.

Yousuf nimmt sein Smartphone vom Tisch. Sein Hintergrundbild besteht aus Abbildungen von Bitcoinkursen, über die ein Dreieck gelegt ist. Er spricht vom «Symmetrical Triangel» und «chartanalytischen Mustern» und erklärt, bei welchem Muster, es sich lohnt zu kaufen.

Ich habe solche Muster verinnerlicht und handelte gemäss dieser Strategie. Als das gut funktionierte, wollte ich das automatisieren. Ich holte mir Hilfe von Programmierern, die für mich Programme schrieben, die automatisch für mich Kryptowährungen kaufen und verkaufen. Dort konnte ich vorgeben, dass ich ab einem gewissen Gewinn oder bei einem gewissen Verlust kaufe oder verkaufe. 2018 integrierte ich auch noch Impulse aus den sozialen Medien.

Der Flüchtling, der es mit Bitcoin aus der Armut schaffte

Dadvan Yousuf, 21, kam im Jahr 2003 als Flüchtling in die Schweiz. Er wurde am 9. April 2000 im Norden des Iraks geboren. Sein Vater war ein kurdischer Kämpfer. Die Familie flüchtete vor dem Irakkrieg. Sie lebten zuerst in Neuenburg und dann in Ipsach bei Biel. Die Familie wuchs auf sieben Kinder an. Als Elfjähriger investiert Yousuf zum ersten Mal in die Kryptowährung Bitcoin. Damals kostet ein Bitcoin rund einen Franken. Der Wert stieg in den letzten Jahren stark an. Yousuf gründete die Dorhnii-Foundation, die das Ziel hat, Wissen über Kryptowährungen und den Handel damit zu verbreiten. Eine Zeit lang lebte er Im Grand Hotel Dolder in Zürich.

Sie waren arm, jetzt sind Sie reich. Was hat sich dadurch verändert?

Reich zu sein, macht nicht glücklich, aber es macht frei. Zu 100 Prozent. Ich kann ziemlich viel machen, was ich früher nicht konnte und meiner Familie ein gutes Leben ermöglichen. Was ich rückblickend nicht mehr machen würde, ist das Ganze auch öffentlich zu machen. Ich wurde als Person zu stark in die Öffentlichkeit gestellt. Wenn ich könnte, würde ich es wieder rückgängig machen.

Dadvan Yousuf vor einem Bild in seinem Büro im Zentrum von Zürich am 3. November 2021.
Dadvan Yousuf vor einem Bild in seinem Büro im Zentrum von Zürich am 3. November 2021.Alex Spichale / MAN

Warum?

Man wird in diversen Bereichen angegriffen. Es gibt sehr viele Neider. Ich muss nun doppelt und dreifach schauen, mit wem ich mich abgebe und was ich sage. Ich habe meine eigene Stiftung gegründet, mit dem Ziel die weltweit erste Lernplattform für den Handel mit Kryptowährungen zu betreiben. Nun hängt diese Stiftung aber ziemlich stark an meiner Person. Und nun gibt es Menschen, die meiner Reputation schaden möchten, in dem sie Unwahrheiten über mich erzählen. Und dann gibt es auch einige, die solche Unwahrheiten auch hören möchten. Als 21-jähriger mit dunklen Haaren und dunklen Augen, der auch noch im Dolder gewohnt hat, bin ich eine wandelnde Provokation. Es kommen auch rassistische Anfeindungen nach dem Motto «geh doch zurück in Dein Heimatland».

Sie haben gesagt, Sie wollen die Sozialhilfe zurückzahlen, die Ihre Familie bezogen hat. Ist das schon geschehen?

Das Geld ist noch auf einem Sperrkonto. Ich muss es noch bis Ende Jahr dort lassen, damit ich es noch ordentlich versteuern kann.

Wie viele Bettelbriefe erhalten Sie?

Einige! Als ich noch im Dolder lebte, bekam ich pro Tag 50 Briefe. Und es gehen immer noch Briefe ein. Es sind einzelne Leute, die Geld wollen, aber auch Vereine aus Musik und Kunst. Einzelne Leute schrieben, sie betreuen eine kurdische Familie und wollten Geld. Andere schrieben, sie seien kurz davor sich umzubringen.

Und wie haben Sie reagiert?

Am Anfang war ich noch naiv und habe bezahlt. Etwa in der Höhe von 80’000 Franken habe ich Geld verteilt. Meine Berater waren geschockt, als ich Ihnen das erzählte. Heute mache ich das nicht mehr. Ich will nun über meine Stiftung Gutes tun. Die Stiftung will den Leuten alles über Finanzen beibringen, so dass sie sich selbst helfen können. Das ist nun mein Weg.

Diese Stiftung hat auch eine eigene Kryptowährung. Diese kann man kaufen. Das wirkt nicht wie ein gemeinnütziges Projekt.

Die Stiftung ist nicht steuerbefreit und sie soll auch eigenes Geld hereinholen. Mit unserer Währung finanzieren wir die Stiftung. Sie untersteht der zuständigen Aufsicht. Es wird genau Buch geführt und sie agiert ganz transparent. Alles ist auf der Ethereum-Blockchain einsehbar.WERBUNG

Ihr Rat an andere ist, in Kryptowährungen zu investieren. Das mag für Einzelne ein Weg sein, aber jemand verliert immer beim Handel.

Das ist der freie Markt. Dort gibt es Gewinner und Verlierer. Ob man zu den Gewinnern gehört, kann man aber selbst beeinflussen. Jemand, der sich nicht weiterbildet, in welchem Fach auch immer, der stagniert und bleibt stehen. Mir hat niemand gezeigt, wie man investieren kann, meinen Geschwistern auch nicht. Dabei ist der Umgang mit Geld ein wichtiger Aspekt des Lebens. Und weil das niemand gemacht hat, mache ich das nun.

Wäre es nicht besser, Sie würden anderen raten, eine Lehre abzuschliessen, so wie Sie die kaufmännische Lehre gemacht haben?

Ich habe meine Fähigkeitszeugnis leider letztendlich doch nicht bekommen, anders als von mir erwartet. Weil ich im letzten Semester zu viele Absenzen hatte. Ich habe die notwendige Präsenzzeit in zwei Fächern nicht erfüllt.https://imasdk.googleapis.com/js/core/bridge3.487.0_en.html#goog_1896846646

Warum sind Sie denn nicht in den Unterricht gegangen?

Zum einen war ich dabei, meine Stiftung zu gründen. Auch in der Schule war es schwierig. Ab dem Zeitpunkt, als bekannt war, dass ich so reich geworden bin, gab es Probleme mit den Mitschülern und mit den Lehrern.

Bereuen Sie es, dass Sie keinen Abschluss haben?

Ich will immer alles durchziehen und darum habe ich gekämpft, den Abschluss zu machen. Ja, ich bereue es, keinen Abschluss zu haben. Aber letztendlich wird ein Diplom nicht darüber entscheiden, ob ich erfolgreich im Leben sein werde. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass es viel mehr davon abhängt, ob man offen ist für neues und sich ständig weiterbildet. Wenn man ins Silicon Valley schaut, dann gibt es dort sehr viele erfolgreiche Persönlichkeiten ohne Abschluss. Was ich weitergeben möchte: Seid offen und hungrig nach Wissen und Bildung. Auch ausserhalb der Schule.

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