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Wie SRF dank Direktorin Nathalie Wappler 500 Franken spart

Wer bis ins Jahr 2024 enorme 68 Millionen Franken einsparen will, muss klein anfangen. 500 Franken sind dann auch schon etwas. So viel «verdient» ein Gast brutto, der in der SRF2-Kultur-Sendung «Diskothek im 2» mitmacht und mit einer Moderatorin während 90 Minuten über die Aufnahme eines klassischen Werks diskutiert. Und die genannten 68 Millionen muss SRF, das Schweizer Radio und Fernsehen, sparen.

Am Montag war keine Geringere als die SRF-Direktorin Nathalie Wappler im Studio zu Gast bei Moderatorin Eva Oertle: Aus fünf Aufnahmen von Richard Strauss’ 1948 komponierten «Vier letzten Liedern» kürten die Pianistin Wappler und Jan Schultsz – Dirigent, Pianist und Festivalleiter – eine Siegerin.

War der Auftritt ein Statement? Wollte sie zeigen, wie wichtig ihr die Hochkultur ist? Ein Zuspruch fürs kulturelle Fachsimpeln, ein Hochleben des intellektuellen Spasses?

Schön und gut, aber es will nicht zur neuen Ausrichtung des Senders passen. Als Wapplers Kulturchefin Susanne Wille 2020 sich daranmachte, ihren Sparauftrag zu erfüllen, schlug sie mit der Sense Prachtstücke aus dem Radio-SF2-Kultur-­Angebot: «52 beste Bücher, «Blickpunkt Religion» und «Fiori ­musicali» fielen weg, der «Kontext» wurde gekürzt, Konzertübertragungen zusammengestrichen – das Radio auf Häppchen und «digital first» getrimmt.

Es schien nur eine Frage der Zeit, bis die «Diskothek im 2» eingespart werden würde: Wie sollte im neuen Konzept eine zwei Stunden lange Sendung, wo Musiker, Dramaturginnen, Komponisten oder Musikkritikerinnen über Fermaten, Crescendi und Portamenti in Takt 98 streiten, Platz haben?

Wappler durfte nach dem ersten Lied als Erste reden: Sie fand das Tempo der Aufnahme gut, hörte eine schöne Transparenz zwischen Stimme und Orchester, spürte, dass Orchester und Sängerin aufeinander hören und sich ergänzen. Alsbald outet sich Wappler als Youtube-Fan, da dort bisweilen die Partitur mitzulesen sei. Bei der zweiten Sängerin fiel Wappler die dunklere, üppigere Stimme auf. Bevor sie zu ihren Urteilen kam, sagte sie gerne: «Ich habe mir aufgeschrieben».

Man fachsimpelte weiter, bis Wappler erzählte, wie sie in einer Dachwohnung eines Freundes mit 19 Jahren erstmals die «Vier letzten Lieder» hörte und gestand: «Diesen Tag werde ich nie vergessen.»

Als man in Runde 1 zwei Aufnahmen rausschmeissen musste, erkannte Jan Schultsz die Stimme von Gundula Janowitz in der Jahrhundertaufnahme mit Dirigent Herbert von Karajan; Wappler hingegen rätselte an der Nummer 5 herum, bis ihr im Piano das Wort «Netrebko» über die Lippen rutschte. Bingo! «1 zu 1» kommentierte Schultsz, der Wappler «Kollegin» nannte.

2011 hatte Wappler in einem Interview mit der NZZ gesagt: «Bei Sendungen wie ‹Diskothek im Zwei› geht mir das Herz auf.» Hoffentlich weiterhin. Vielleicht bald mit SRF-Kulturchefin Susanne Wille, die über Strauss’ «Till Eulenspiegels lustige Streiche» diskutiert. Weitere 500 Franken wären damit gespart.

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