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Wahnsinniger Putin: Warum ein neuer Krieg nach der gefährlichen Hetzrede des Kreml-Chefs kaum noch zu vermeiden ist

Mit einer kriegerischen Ansprache und zwei Unterschriften hat Wladimir Putin eine neue Eskalationsstufe gezündet. Russische Truppen sind bereits unterwegs in den ukrainischen Donbass. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Rund eine Stunde lang sprach der russische Präsident Wladimir Putin, 69, am Montagabend zu seinem Volk. Kurz darauf rollten russische Panzer in den ukrainischen Donbass, begleitet von gefährlichen Propaganda-Parolen aus dem Kreml. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den jüngsten Entwicklungen:

1. Was hat Wladimir Putin am Montagabend genau gemacht?

Der russische Präsident hat vor laufenden Fernsehkameras die beiden selbst ernannten «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine als unabhängig anerkannt. In einer rund einstündigen Ansprache ans russische Volk erklärte Putin danach, die Ostukraine gehöre historisch gesehen zu Russland. Er warf der Ukraine zudem vor, einen «Genozid» gegen die russischstämmige Bevölkerung im Land zu unternehmen. Die Ukraine sei eine gefährliche, von den USA kontrollierte Marionette, die drauf und dran sei, Atomwaffen herzustellen. Noch am Montagabend schickte Moskau russische Truppen in die beiden Separatistengebiete – zur «Friedenssicherung», wie der Kreml verkündete.

2. Kommt es jetzt zum Krieg?

Die beiden besetzten Separatistengebiete Donezk und Luhansk liegen im äussersten Osten der Ukraine.

Bei Gefechten zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Truppen im Donbass sind in den vergangenen Tagen bereits mehrere Menschen ums Leben gekommen. Putins kriegerische Rede und die Entsendung russischer Truppen in die besetzten ostukrainischen Gebiete sind weitere Anzeichen dafür, dass der Konflikt jetzt endgültig eskalieren könnte. Unheimlich ist zudem der Twitter-Account des russischen Aussenministeriums, in dessen Logo seit kurzem die Zahl «2[20]22» steht. Ob das eine Anspielung ist auf den heutigen 22. Februar 2022, ist unklar.

Paul Ronzheimer, der für die «Bild»-Zeitung über die Entwicklungen in der Ukraine berichtet, schreibt auf Twitter: «Bereits am Rande des Besuchs von Baerbock in Kyiv vor zwei Wochen sagten mir ukrainische Offizielle: «Wir haben Sorgen vor dem 22.2.22.» Der Krieg in Georgien begann am 8.8.08. «Putin is into crazy numbers», sagte schon da ein Diplomat.»

3. Gibt es überhaupt noch Hoffnung auf eine diplomatische Lösung?

Forderungen für eine sofortige Rückkehr an den Verhandlungstisch kamen unter anderem von der deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock. Auch US-Präsident Joe Biden machte klar, dass man bis zur letzten Minute um eine diplomatische Lösung ringen werde. Ein Treffen zwischen den Aussenministern der USA und Russland steht am Donnerstag in Genf an – aber nur, wenn bis dahin kein russischer Einmarsch stattfindet. Niklas Masuhr, Militärexperte am Center for Security Studies an der ETH Zürich, sagte am Montagabend in der Sendung «Talktäglich», man dürfe sich von den anhaltenden diplomatischen Bemühungen nicht täuschen lassen.

Nur, weil beide Seiten miteinander reden, heisst das nicht, dass Russland nicht parallel den Angriff vorbereitet.

4. Wie reagiert die Ukraine?

Präsident Wolodimir Selenski hat kurz nach Putins Rede mit US-Präsident Joe Biden, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Deutschlands Kanzler Olaf Scholz telefoniert. Selenski hat in Kiew den ukrainischen Sicherheitsrat einberufen. Die ukrainische Armee, die von den USA alleine im Jahr 2021 Hilfen in der Höhe von rund einer Milliarde Dollar erhalten hat, steht mit 209’000 Soldaten bereit. Dazu kommen hunderttausende Freiwillige, die in den vergangenen Monaten mit ihren Privatwaffen den Ernstfall geübt haben. Vitali Klitschko, der Kiewer Bürgermeister, fordert gegenüber der «Bild»-Zeitung sofortige Massnahmen des Westens gen Russland. «Keine unnötigen Diskussionen und Verzögerungen. Russland hat alle Normen des Völkerrechts zerstört.»

5. Was macht der Westen?

Menschen im pro-russischen Separatistengebiet Donezk feiern nach der Ankündigung aus Moskau in den Strassen der Stadt.

Amerika und die Europäische Union haben umgehend angekündigt, mit Sanktionen auf Putins Entscheid zu reagieren. Konkret könnte der Westen etwa den Verkauf von technologischen Geräten an Russland verbieten, das Land aus dem für Banken wichtigen Zahlungssystem Swift ausschliessen (eine Sanktion, die schon den Iran wirtschaftlich stark geschwächt hat), russische Staatsbürger (unter anderem auch Putin selbst) mit einem Einreiseverbot belegen und die geplante Inbetriebnahme der russischen Gas-Pipeline Nord Stream 2 stoppen. Russland zeigt sich von diesen Drohungen wenig beeindrukt. Der russische Botschafter in Schweden, Vikotr Tatarinzew, sagte jüngst im «Spiegel»:

Wir scheissen auf eure Sanktionen.

6. Und wie reagiert die Schweiz?

Das Schweizer Aussendepartement hat in einem Statement kurz vor Mitternacht betont, dass die russische Anerkennung der beiden ukrainischen Regionen Luhansk und Donezk «eine krasse Verletzung des internationalen Rechts» und eine «Verletzung der Souveränität der Ukraine» sei. «Die Schweiz verlangt von Russland, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten und seine Aktionen rückgängig zu machen.»

7. Waren diese jüngsten Entwicklungen abzusehen?

Wirklich überraschend ist Putins aggressive Argumentation nicht. Bereits im vergangenen Juli hat er einen langen Essay veröffentlicht, in dem er argumentiert, dass die Ukraine und Russland seit je her zusammengehörten. Russland sei der ukrainischen Ländereien nach deren Unabhängigkeitserklärung 1991 «beraubt» worden. In dem Text geht Putin so weit zu sagen, dass die «erzwungene Assimilation» der russischen Bevölkerung in der Ukraine – etwa durch die Einführung des Ukrainischen als einzige Amtssprache – mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen Russland gleichzusetzen sei.

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