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Weshalb die Swiss League vor einem Scherbenhaufen steht

Eklat in der Swiss League: Wegen Erfolglosigkeit ist das Mandat mit dem Vermarkter aufgelöst worden. Jeder Klub verliert mehr als 400 000 Franken. Die National League hilft mit einer Finanzspritze, im Gegenzug hat die Swiss League einer Liga-Qualifikation mit fünf Ausländern zugestimmt und ein Krisenstab hat bis auf weiteres die Führung der Liga übernommen.

Das Projekt Selbstständigkeit der Swiss League (SL) ist in wesentlichen Teilen gescheitert: finanzielle Ernüchterung statt blühende Landschaften. Per Ende Juni ist das Mandat mit der Vermarktungsfirma von Klotens Präsident Mike Schälchli wegen Erfolglosigkeit beendet worden. Nun versucht ein Krisenstab zu retten, was noch zu retten ist. Die Krise ist durch eine Kombination von unglücklichen Umständen, Fehleinschätzungen und Management-Fehlern ausgelöst worden.

Mike Schälchli ist Klotens Aufstiegspräsident und ein überaus erfolgreicher Vermarkter. Er hatte nach der «Unabhängigkeitserklärung» der Swiss League vor einem Jahr (sie hat sich, wie die National League, als eigenständige AG konstituiert) mit seiner Firma die Vermarktung übernommen. Dieses Mandat hat er absurderweise nach Klotens Aufstieg behalten. Kann der Präsident eines Teams aus der National League erfolgreich mit seiner Firma die Swiss League vermarkten? Die Wirklichkeit hat die Antwort gegeben: Nein.

Jeder Swiss-League-Klub verliert über 400 000 Franken

Nun ist dieses glücklose Mandat im gegenseitigen Einvernehmen auf Ende Juni aufgelöst worden. Als die Swiss League noch bis und mit der letzten Saison in einem Boot mit der National League sass (die beiden Ligen bildeten eine juristische Einheit), bekam jeder Klub der zweithöchsten Liga pro Saison 385 000 Franken aus dem TV- und Gesamtvermarktungstopf. Jetzt gibt es kein Geld mehr aus einem Topf. Aber zusätzlich rund 60 000 Franken Aufwand für die TV-Produktion. Also fehlen jedem Klub der Swiss League nächste Saison etwas mehr als 400 000 Franken. Für die meisten sind das mehr als 10 Prozent der Einnahmen.

Bei der für die Sponsoren wichtigen TV-Präsenz hat Jean Brogle die Swiss League in eine Sackgasse manövriert: Beim Aufbau einer Streaming-Plattform (gegen Bezahlung ist jeder Match live zu sehen) ist ein Vertrag mit einem Partner unterzeichnet worden, hinter dem die Swisscom steht. Das verunmöglicht nächste Saison TV-Bilder bei Partnern mit ungleich grösserer Reichweite: Hinter MySports (oder in Kombination die Partner im Free-TV wie TV-24) steht Sunrise. Eine völlig verfuhrwerkte Situation. Die SL-Klubs bezahlen die TV-Produktion für die Streaming-Plattform und Einnahmen können sie aus diesem Projekt keine erwarten. Oder noch böser gesagt: Im TV-Bereich heisst es zumindest für nächste Saison für die SL-Klubs «Ausser Spesen nichts gewesen».

Ein Dreiergremium soll retten, was noch zu retten ist

Nun versucht in der Not bis auf weiteres ein Dreier-Gremium bestehend aus Denis Vaucher (Manager der National League), Pascal Signer (ehemaliger Geschäftsführer Kloten) und Patrick Bloch (Geschäftsführer des Verbandes) als Krisenstab zu retten, was noch zu retten ist.

Die National League wird mit einer einmaligen Finanzspritze aushelfen. Jeder SL-Klub bekommt für nächste Saison nicht ganz 80 000 Franken von der höchsten Liga, also von den grossen Klubs. Aber diese Aktion ist auf ein Jahr begrenzt. Im Gegenzug erfolgt die Regelung der Liga-Qualifikation zwischen dem Sieger der Swiss League und dem Verlierer der NL-Playouts: Es wird im nächsten Frühjahr mit fünf Ausländern gespielt. Für den SL-Klub geht ein Transferfenster auf, um die zusätzlichen Ausländer zu verpflichten. Für den Playout-Verlierer geht dieses Fenster nicht auf.

Die ganze Liga muss nun neu aufgegleist werden

Verbands-Geschäftsführer Patrick Bloch sagt zwar: «Es wäre katastrophal für unser Hockey, wenn wir Klubs aus der Swiss League verlieren sollten.» Er schliesst eine Finanzspritze aus der Verbandskasse nicht vollständig aus, schränkt aber ein: «Ein solcher Entscheid liegt beim Verwaltungsrat.» Allein schon aus hockeypolitischen Gründen ist es sehr unwahrscheinlich, dass Verbandsgelder in die Kassen der SL-Klubs fliessen. Der Verband will, darf und kann finanziell nicht helfen.

Die Swiss League steht damit ein Jahr nach ihrer Unabhängigkeit vor einem Scherbenhaufen. Der Spielbetrieb ist gesichert und sportlich wird die Swiss League eine der besten zweiten Ligen der Welt sein. Kein Klub wird im Laufe der Saison Konkurs gehen. Aber die Budgets müssen reduziert werden und die Differenz zur National League wird noch grösser. Die gesamte Führungs-, Vermarktungs-, Finanzierungs- und TV-Struktur der Liga muss neu aufgegleist werden, um die wirtschaftliche Situation der Klubs zu stabilisieren. Bleibt anzumerken, dass die Aufblähung der NL auf 14 Klubs der SL zwei attraktive Teams entzogen hat und von allem Anfang an nur die ZSC Lions vor dieser Aufblähung und den Folgen einer Selbstständigkeit der Swiss League eindringlich gewarnt haben. Ganz überraschend kommt die Situation also nicht.

Patrick Bloch, Denis Vaucher und Pascal Signer werden länger im Krisenstab tätig als sie sich beim Amtsantritt vorgestellt haben.

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